Globaler Rechtsruck

28. November 2023, 13:00

Diese Woche beginnen in den Niederlanden Sondierungsgespräche nach dem klaren Sieg der "Freiheitspartei" von Geert Wilders, dem Rechtsaußen-Politiker, der seit Jahren eine EU-, islam- und migrationsfeindliche Agenda verfolgt und von internationalen Medien als "Dutch Donald Trump" bezeichnet wird. Potenzielle Koalitionspartner:innen verhalten sich zurückhaltend, signalisieren aber doch Gesprächsbereitschaft mit Verweis auf "politische Verantwortung" und den "Wählerwillen". Damit ist Wilders, lange Zeit am politischen Rand verortet, wohl endgültig in der "Mitte" angekommen.

Ein europaweiter Trend scheint sich damit fortzusetzen. Die Zeitschrift "profil" zählt auf: "Wilders. Kickl. Meloni. Orbán. Le Pen. Weidel." Während Herbert Kickl und Deutschlands AfD-Vorsitzende Alice Weidel zwar noch nicht bundesweit an der Macht, aber in allen Umfragen im Höhenflug sind, hat das slowakische Parlament letzte Woche das Kabinett von Robert Fico bestätigt - eine drei-Parteien-Koalition von links bis weit rechts. Fico wird nachgesagt, seiner sozialdemokratischen Partei einen "nationalkonservativen" Anstrich verpasst zu haben, Beobachter:innen befürchten eine "Orbánisierung" des Landes. In Spanien ist der befürchtete Rechtsruck bei den Wahlen im Juli zwar ausgeblieben. Es gibt keine Mehrheit mit der rechtspopulistischen Vox, auf regionaler Ebene regiert sie aber schon mit.

Mit dem Wahlsieg des - laut Frankfurter Rundschau "im Rechtspopulismus irrlichternden" - Exzentrikers Javier Milei in Argentinien scheint auch Lateinamerika einem Trend zu folgen: Zuletzt gewannen rechte Kandidaten in Chile und Paraguay, in Brasilien wirkt die Politik des abgewählten Jair Bolsonaro weiterhin nach - Radikale haben dort nach wie vor Rückenwind, wie es heißt. Wer dann noch etwa auf Israels derzeitige Regierung oder auf die Dominanz des Original-Donald Trump bei den Vorwahlen in den USA schaut, kommt zu einem Eindruck, der in den sozialen Medien zuletzt immer häufiger geteilt wird: Die ganze Welt rückt nach rechts.

Kann das sein, und wie ist dieses Phänomen zu deuten? Was könnte einen weltweiten Aufstieg des Rechtspopulismus auslösen - herrschen doch in den demokratischen Ländern der Erde höchst unterschiedliche Grundbedingungen der Volkswirtschaft, der Gesellschaft, der politischen Kultur? Heißt "rechts" und "populistisch" überhaupt überall dasselbe? Oder beginnen die traditionellen Zuschreibungen sich aufzulösen und Politik zu einer möglichst spektakulären Mischung aus unterschiedlichsten Positionen zu werden, wie etwa bei Milei und teilweise auch bei Wilders zu sehen? Ist das wirklich der vielzitierte Wille der Wähler:innen im jeweiligen Land?

Paula Diehl ist Professorin für Politische Theorie, Ideengeschichte und Politische Kultur an der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel und Direktorin des länderübergreifenden "Netzwerks für Populismusforschung". Mit Xaver Forthuber und unseren Hörer:innen spricht sie über die gemeinsamen Bausteine und die unterschiedliche Auslegung von Rechtsaußen-Politik in verschiedenen Ländern und Weltgegenden und darüber, wie sich populistische Agenden äußern, warum sie gewählt werden und was die Wähler:innen dann dafür bekommen. Reden Sie mit: Rufen Sie in der Sendung an unter 0800 22 69 79 oder schreiben Sie ein E-Mail an punkteins(at)orf.at

Hörerinnen und Hörer sind wie immer herzlich eingeladen, mitzudiskutieren. Rufen Sie an unter 0800 22 69 79 (kostenfrei innerhalb von Österreich) oder schreiben Sie ein E-Mail an punkteins(a)orf.at

Sendereihe

• Punkt eins

Gestaltung

• Xaver Forthuber