Frauen demonstrieren für Gleichberechtigung und das Recht auf Abtreibung am 7. Mai 1971 auf der Mariahilferstraße

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Punkt eins

50 Jahre Fristenlösung

Der lange Weg zur Selbstbestimmung. Gäste: DDr. Barbara Maier, Gynäkologin, Präsidentin der Österreichischen Gesellschaft für Familienplanung und Verhütung; Univ.-Doz. Dr. Maria Mesner, Institut für Zeitgeschichte der Universität Wien. Moderation: Johann Kneihs. Anrufe 0800 22 69 79 | punkteins(at)orf.at

Heute vor fünfzig Jahren, am 29. November 1973, beschloss der Nationalrat die sogenannte Fristenlösung: Innerhalb der ersten drei Monate der Schwangerschaft ist deren Abbruch nicht mehr mit Strafe bedroht. Seit dem 1. Jänner 1975 ist die bis heute gültige Regelung in Kraft.

Über Jahrhunderte war ein Schwangerschaftsabbruch als Verbrechen mit schweren Strafen sanktioniert, durch das Gesetzbuch Kaiser Karls des V. aus dem Jahr 1532 (in Geltung bis 1787) sogar mit der Todesstrafe belegt. Die neue Frauenbewegung der 1960er und 1970er Jahre forderte die Abschaffung des Strafrechts-Paragraphen 144, während der Alleinregierung unter Bundeskanzler Bruno Kreisky rang sich die SPÖ dazu durch.

Die Zeithistorikerin Maria Mesner dokumentierte in einem Forschungsprojekt die gesellschaftliche Debatte, die zur Fristenlösung führte, wie auch exemplarische Gerichtsprozesse und die Praxis der Abtreibungen in der Zeit vor 1975. Schwangerschaftsabbrüche wurden oft unter gefährlichen Bedingungen durchgeführt. Frauen mussten Ärzten und Ärztinnen unter der Hand hohe Beträge bezahlen und ihre Situation entweder geheim halten oder sich Anfeindungen und Vorwürfen aussetzen.

Die Diskussion um die Fristenlösung hält bis heute an. Erst vor Kurzem hat in Vorarlberg ein Tauziehen um die Möglichkeit von Schwangerschaftsabbrüchen stattgefunden - nach der Pensionierung des einzigen Arztes, der sie durchgeführt hatte. Soeben wurde es in Vorarlberg erstmals möglich, sie in einem Krankenhaus (in Bregenz) durchzuführen.

Barbara Maier ist Vorständin der Abteilung für Gynäkologie und Geburtshilfe der Klinik Ottakring in Wien und Präsidentin der Österreichischen Gesellschaft für Familienplanung und Verhütung. Sie plädiert dafür, die Belastung durch eine ungewollte Schwangerschaft nicht zu unterschätzen. Sie sieht den Schwangerschaftsabbruch als eine unter anderen Interventionsmöglichkeiten der Frauenheilkunde. Ein und dieselbe Frau könne im Lauf ihres Lebens einmal in der Situation sein, eine Schwangerschaft beenden zu müssen - um ein anderes Mal, unter anderen Umständen, Kinder zu bekommen.

Johann Kneihs spricht mit Maria Mesner, Barbara Maier und den Hörer:innen über die Zeit vor und nach dem 29. November 1973 (bzw. 1. Jänner 1975), die Situation heute und den Weg zur Selbstbestimmung von Frauen in Fragen der Lebens- und Familienplanung.
Die Redaktion freut sich über Ihre Beteiligung am Gespräch, telefonisch während der Sendung unter der Nummer 0800 22 69 79 oder per E-Mail an punkteins(at)orf.at.

Service

Mehr dazu in ORF.at

Dokumentation des Forschungsprojekts "Vor der Fristenlösung", Kreisky-Archiv

Sendereihe

Playlist

Untertitel: Peggy Seeger
Titel: Nine Month Blues
Ausführende: Peggy Seeger
Länge: 04:26 min
Label: Warner Bros.

Untertitel: Holly Near
Titel: Fired up
Ausführende: Holly Near
Länge: 02:07 min
Label: Redwood Records

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