Junger Mann, sein Smartphone und eine Ringleuchte

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Punkt eins

Ideale Schönheit - reale Gefahr

Natürlich nicht gut genug? Körperbilder in sozialen Medien und ihre Auswirkungen. Gäste: Univ. Prof. Dr. Kathrin Otrel-Cass, Institut für Bildungsforschung und PädagogInnenbildung, Universität Graz & Gabriele Haselberger, Therapeutin und Beraterin, Hotline für Essstörungen in der Wiener Gesundheitsförderung - WiG. Moderation: Barbara Zeithammer. Anrufe 0800 22 69 79 | punkteins(at)orf.at

Sie sind umwerfend schön, schlank und fit, sie geben sich "wie du und ich" und doch nicht real: die Influencer:innen auf Bildplattformen wie Instagram oder TikTok, Vorbilder für Millionen Kinder und Jugendliche in Sachen Aussehen, Ernährung und Lebensstil. Die idealisierten Bilder werden in der Realität zunehmend zu einem Problem - langsam auch für die Bildplattformen, die sich mit Forderungen für mehr Schutz der Kinder- und Jugendgesundheit konfrontiert sehen.

Jedes zweite Mädchen will schlanker sein, jeder dritte Bub ist unzufrieden mit seinem Gewicht, auch für 11-Jährige ist das Aussehen heute schon ein Thema und zwar ein belastetes: zahlreiche Studien zeigen, dass immer mehr Kinder und Jugendliche unzufrieden mit dem eigenen Körper sind und das auch immer früher. Die idealisierten Bilder wirken sich nachweislich negativ auf die Gesundheit junger Menschen aus, unter anderem steigt die Gefahr, eine Essstörung zu entwickeln.

"Laut einer Studie der Royal Society for Public Health aus dem Jahr 2017 sind die Zahlen für Depressionen und Angstzustände durch soziale Medien bei jungen Menschen in den letzten 25 Jahren um 70 Prozent gestiegen", so die Bildungsforscherin Kathrin Otrel-Cass von der Universität Graz in einem ihrer Beiträge. Die Pädagogikprofessorin hat unter anderem einen Workshop unter dem Titel "Digitale Identität: Bin ich mir eigentlich gut genug?" ausgearbeitet. "Schuld daran sind unter anderem aufpolierte Realitäten, die den Eindruck erwecken, sich ständig verbessern und optimieren zu müssen. Schaffen das Jugendliche nicht, verstärken sich Selbstzweifel und mangelndes Selbstbewusstsein - gerade in einer Lebensphase, in der sie nach Orientierungspunkten im sozialen Umfeld suchen."

Vorbilder und Idole gab es allerdings immer und ließe sich das Gleiche nicht auch über zahlreiche Filme, Fernsehsendungen und Serien sagen? Sollte man die Herausforderung daher in gesellschaftlichen Ursachen suchen - noch dazu, wo die realen Körperbilder immer stärker in die Gegenrichtung tendieren und Übergewicht heute ein wesentliches Gesundheitsrisiko darstellt: jedes dritte Kind hierzulande gilt als übergewichtig.

Zahlreiche medizinische Fachgesellschaften und Institutionen wenden sich unterdessen mit klaren Forderungen an die Politik, wie zum Beispiel die Deutsche Gesellschaft für Ästhetisch-Plastische Chirurgie (DGÄPC), die eine Kennzeichnungspflicht für kommerziell genutzte und durch Software optimierte Bilder fordert. Eine solche existiert seit Jahren in Frankreich, auch Norwegen hat ein derartiges Gesetz eingeführt. Der US Konzern Meta (Instagram) sah sich jüngst zum Handeln in Sachen Kinder- und Jugendgesundheitsschutz bewogen, nachdem im Herbst mehrere US-Bundesstaaten das Unternehmen wegen erhöhter Suchtgefahr seiner sozialen Netzwerke geklagt hatten und die EU mehrfach mehr Jugendschutz eingefordert hatte. Ob die angekündigten Änderungen etwas bringen, wird sich allerdings erst zeigen.

Was können, sollen, müssen Freund:innen tun, Eltern, die Schule und wie können sich Kinder und Jugendliche selbst helfen? Wie steht es um die Verantwortung von Gesellschaft und Politik, Kinder und Jugendliche vor Gesundheitsgefahren zu schützen und ihr psychisches und physisches Wohlbefinden zu fördern?

"Ich bin schön" und "I am good enough. Stark durch vielfältige Körperbilder" heißen Workshops der Wiener Gesundheitsförderung - WiG, in denen Jugendliche sich mit Schönheitsidealen, Körperbildern und dem eigenen Selbstwert auseinandersetzen können. Gabriele Haselberger hat den Workshop "I am good enough" mitentwickelt; sie ist Therapeutin und Beraterin mit Schwerpunkt Essstörungen.

Gemeinsam mit der Pädagogikprofessorin und Bildungsforscherin Kathrin Otrel-Cass ist Gabriele Haselberger zu Gast bei Barbara Zeithammer und wie immer sind unsere Hörerinnen und Hörer herzlich eingeladen, sich mit Ihren Erfahrungen und Fragen an der Sendung zu beteiligen:

Welche Wünsche und Vorbilder haben die Schönheitsideale Ihrer Jugend geprägt? Wie reagieren Sie auf die Idole der Kinder heute? Wissen Sie, was die Anzeichen einer Essstörung sein können? Machen Sie sich mehr Sorgen um ein übergewichtiges oder ein untergewichtiges Kind? Und wie geht es Ihnen selbst im Bilderstrudel der Jungen und Schönen mit der Sichtbarkeit von Vielfalt und der Empathie für Ihren eigenen Körper?

Diskutieren Sie mit über Körperbilder, was sie gestaltet und wie wir sie gestalten unter 0800 22 69 79 telefonisch während der Sendung oder schriftlich an punkteins(at)orf.at

Sendereihe

Gestaltung

  • Barbara Zeithammer

Playlist

Untertitel: Maurice Ravel
Titel: Miroirs - Une Barque Sur L'Ocean
Ausführende: Angela Hewitt
Länge: 07:30 min
Label: Harmonia Mundi

Untertitel: Maurice Ravel
Titel: Miroirs - Noctuelles
Ausführende: Angela Hewitt
Länge: 05:00 min
Label: Harmonia Mundi

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