Meinungsspektrum

7. Februar 2024, 06:57

Bei uns Menschen herrscht ja oft der Wunsch, mit der Meinung wo anzukommen. Das denke ich über Gentechnik, das über den Nahostkonflikt und das über vegane Ernährung. Ist eine Meinung mal gefasst, erreichen uns nur noch Informationen, die diese auch füttern.

Doch ich frage mich, ist es so schlimm, auf seine Gehirnfestplatte regelmäßig eine neue Meinung zu laden? Ich war immer schon begeistert vom Philosophen Sir Karl Popper und dessen Falsifikationsprinzip. Das heißt, man versucht nicht seine Theorie einzumauern, sondern man lässt sie aktiv beschießen. Und anstatt dann über diese Einschusslöcher zu jammern, formt man aus dem verbogenen Blech etwas Neues.

Deswegen ermüden mich persönlich oft Fernsehdiskussionen. Vor allem mit Partei-Ideologen. Jeder der Diskussionsteilnehmer öffnet dort seinen Mund, lässt seine Meinung raus, die Meinungen vermengen sich in der Mitte, am Ende der Diskussion atmet jeder wieder ein und holt seine alte Meinung retour. Also, ich glaube, weniger Erkenntnisgewinn ist gar nicht möglich.

Es gibt auch gerade in Bezug auf Politik eine gewisse Sehnsucht nach Schubladen. Der ist korrupt, der ist verlogen, der ist rechtsextrem, der ist linksextrem. Aber nur weil jemand genderneutrale Toiletten ablehnt, ist er meiner Meinung nach kein Nazi und nur weil jemand freie Bildungschancen für alle Gesellschaftsschichten einfordert, ist er noch lange kein Marxist. Ich frage mich auch immer öfter: Kann man einen Menschen überzeugen, wenn man ihn vorher abwertet?

Der großartige Kollege Gunkl sagt im aktuellen Programm: "Wenn man jemand an Bord holen will, ist es nicht schlau, wenn man dabei über die Reling brunzt." Ich liebe Sprachbilder, das ist vielleicht aus einem ästhetischen Gesichtspunkt nicht das Schönste, aber es ist so wahr, dass es schon weh tut.

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