Tod und Kreativität

14. Februar 2024, 06:57

Ein leuchtend blaues Schiff aus Seide, verziert mit bunten Perlenketten, innen knallrosa gefüttert. Die strahlende Farbigkeit wirkt fröhlich, erzeugt eine positive Atmosphäre, passend zur gestern zu Ende gegangenen Faschingszeit.

Allerdings irritieren die außen auf das Schiff applizierten kleinen Totenköpfe und Gerippe. Sie verweisen darauf, dass diesem textilen Objekt der mongolischen Künstlerin Nomin Bold ein tieferer Sinn innewohnt und es eigentlich besser zur heute beginnenden Fastenzeit passt. Beim Lesen des englischen Titels "Transporter to Another Time" wird deutlich, dass es sich bei diesem Boot um eine Art Totenschiff handelt, in vielen Kulturen ein Symbol für den Übergang zwischen dem Diesseits und dem Jenseits.

Ich mag dieses Werk, das die Künstlerin extra für unsere Ausstellung "Sterblich sein" gefertigt hat, besonders. Nicht nur, weil es die ernste Thematik durch eine heitere Formen- und Farbensprache konterkariert. Sondern auch, weil dieses Totenschiff spiegelt, dass die Auseinandersetzung mit der Sterblichkeit Hauptmotor kulturellen Handelns ist. Gerade weil es keine Erfahrungsberichte vom eigenen Sterben gibt und davon, was nach dem Tod folgt, hat es Menschen seit jeher besonders fasziniert, sich in Worten und Bildern Gedanken darüber zu machen, was jenseits der menschlichen Gewissheiten liegt. Ganz zu schweigen von dem zutiefst menschlichen Wunsch, Erinnerungsmonumente an Verstorbene zu kreieren oder sich selbst durch herausragende Werke im übertragenen Sinn Unsterblichkeit zu verschaffen.

Auch ich hadere immer wieder mit der Vorstellung des eigenen Todes. Und ich beklage natürlich auch den Verlust geliebter Menschen. Aber eine Welt ohne Kunstwerke, die in Zusammenhang mit dem Tod stehen, möchte ich mir nicht ausmalen. Denn was wäre das für eine verarmte Welt ohne Bilder, Skulpturen, Romane, Filme, Lieder, Opern und Theaterstücke, die von der Auseinandersetzung mit der Sterblichkeit geprägt sind?

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• Alexandra Mantler