Natalität

20. Februar 2024, 06:57

Körper gebären Körper: Leibhaftig werden sie zu Personen. Leibhaftig gehen Frauen schwanger. Hannah Ahrendt hat den Begriff der Natalität, der Geburtlichkeit des Menschen geprägt. Dieser verweist auf die transgenerationelle Dimension von Geburt.

Wir werden hineingeboren in ein soziales Atom, eine Familie, eine Gemeinschaft, die die Matrix für die Entwicklung unserer Identität ist und in Zukunft sein wird. Wir werden hineingeboren - in einen genetischen Pool, in eine bestimmte Zeit, in eine bestimmte Gesellschaft, in eine bestimmte Gefühls- und Erwartungswelt. Wir sind und bleiben (verstrickt) in Beziehungen, die wir nicht gewählt haben und die uns ein Leben lang begleiten werden.

Der Philosoph Günter Anders schreibt über "Die Antiquiertheit des Menschen": "Der Mensch schämt sich, geboren, statt gemacht zu sein. Er schämt sich der Tatsache, im Unterschied zu den tadellosen und bis ins Letzte durchkalkulierten Produkten sein Dasein dem blinden und unkalkulierten, dem höchst altertümlichen Prozess der Zeugung und Geburt zu verdanken."

Schon im Mutterleib entwickelt sich so etwas wie ein "Zellgedächtnis". Wir sprechen von "Embodiment". Alles, was wir erleben oder erfahren, wird neben der Speicherung im Großhirn auch in unserem gesamten Körper bzw. in seinen Zellen, gespeichert. Wir sind verkörperte Wesen, "embodied", denn bei jeder Kognition, bei jedem Gedanken wie jeder Emotion, jedem Gefühl stellen sich Körperempfindungen ein, die als "Emotionsmuster" unsere Gefühls- und Erlebniswelt jetzt und in Zukunft gestalten.

Der Psychologe und Psychotherapeut Hilarion Petzold sieht den Menschen als Leibsubjekt in seiner Lebenswelt, embodied wie embedded, in ihr verkörpert wie in diese eingebettet.

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