Gefährliche Frauen

27. März 2024, 06:57

Im Christentum sind über Jahrhunderte hinweg nahezu alle Frauen, die theologische Texte schreiben, Mystikerinnen. Der Grund dafür hat mit Macht zu tun: Frauen war es verboten, theologisch zu lehren oder öffentlich zugängliche Texte zu schreiben. Denn die Töchter Evas galten gemeinhin als geistig minderbemittelt und moralisch wankelmütig. Frauen schreiben zu lassen - es wäre mehr als gefährlich.

Eine Möglichkeit stand den Frauen aber offen. Sie konnten sich auf besondere Erfahrungen berufen: Wenn Gott den Frauen im Inneren, auf mystische Weise begegnet, dann sind ihre Erfahrungen es wert, aufgeschrieben und theologisch interpretiert zu werden. So entstehen die Texte der sogenannten Frauenmystik. Diese enthalten kein obskures Sonderwissen. Vielmehr sind sie theologisch reflektierte und auch kreative Reaktionen auf das eigene Erleben.

Die große spanische Mystikerin Teresa von Avila etwa zeichnet die Seele als eine große Burg mit vielen Zimmern. Sie lädt die Frauen ihrer Ordensgemeinschaft ein, in der Lektüre die Zimmer zu betreten und so ihr je eigenes Inneres zu durchwandern - auf der Suche nach Gott, den sie als Bräutigam, als Geliebten imaginiert.

Gefährlich blieben diese Frauen freilich trotzdem. Denn welch eine Revolution liegt darin zu behaupten, dass Gott im Inneren erfahren wird - und zwar unabhängig vom Klerus und von der Institution Kirche. Und wie vermessen ist es zu behaupten, dass die Frauen ein "Wissen" zu bieten haben, das nicht theologischer Gelehrsamkeit entstammt. Manche, wie Marguerite Porete, hat dies das Leben gekostet. Andere wie Teresa von Avila sind später zu Kirchenlehrerinnen erhoben worden. Gefährlich geblieben sind ihre Texte freilich bis heute. Denn wann wäre eine Reise ins eigene Innere je ohne Risiko gewesen!

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