Stolz auf Selbstoptimierung

12. April 2024, 06:57

Die Zeit des Feierns ist fast vorbei. Es ist der letzte Tag von dem traditionell oft drei Tage lang gefeierten Eid al-fitr, dem Fest zu Ende des Ramadan. Der Alltag mit seinen Sorgen kommt wieder in den Vordergrund und die gepredigte Achtsamkeit schlägt kaum in der Realität Wurzeln. In jeder Ecke scheint das nächste Angebot der Selbstoptimierung zu sitzen und mit leicht verstecktem Stolz erzählen wir Menschen, wie dauergestresst wir sind und was wir nicht noch alles zu tun haben.

So als ob wir damit unsere Existenz legitimieren, beweisen, dass wir wichtig und gebraucht sind. Einander auf die Schulter klopfend loben wir Grenzüberschreitungen, sowohl uns selbst als auch anderen gegenüber. Solange es gut läuft, solange wir funktionieren. In so einer Grundstimmung gleicht es der Apostasie, also einem Glaubensabfall, zu sagen: "Ja, mehr ginge, ich will aber nicht. Ich nutze meine Zeit optimal, indem ich sie in mein Wohlbefinden investiere, schöne Erinnerungen sammle und produktiv ,Nichtstue'."

Klingt ein bisschen wie ein Märchen? Ist es auch. Wir leben nicht in einer Gesellschaft, die sowas ermöglicht, noch weniger für ohnehin schon mehrfach belastete Gruppen. Und nein, einfach weg manifestieren funktioniert nicht, denn nicht alles ist Kopfsache. Ja, jeder Mensch hat sein Päckchen zu tragen, doch manche in einem Flieger oder Auto sitzend, gestützt durch viele weitere Hände, und andere auf steinigen Wegen, mit sich mehrere Menschen weiterziehend.

Ganz gleich wie das Päckchen aussieht, ich empfehle allen: Schlaft die halbe Stunde länger, verschiebt die Aufgabe auf morgen und esst das zweite Stück Kuchen. Es ändert nicht die Welt, macht aber unsere eigene erträglicher.

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• Alexandra Mantler