Skulptur "Atemluft" von Xenia Hausner

SALZKAMMERGUT 2024/THOMAS BAKOS

Leporello

Atelierbesuch bei Xenia Hausner

Als Tochter des phantastischen Realisten Rudolf Hausner hat sich Xenia Hausner lange dagegen gesperrt, selbst zum Pinsel zu greifen. Erst mit rund 40 Jahren gibt die studierte Bühnenbildnerin einem inneren Drang nach und beginnt selbst zu malen. Mittlerweile stellt Hausner international aus. Ö1 hat die Künstlerin in ihrem Wiener Atelier besucht.

Wo bis in die 1990er Jahre Milch, Butter und Käse produziert wurde, in einer ehemaligen Molkerei, hat sich heute die kreative Klasse eingenistet. Darunter: Die Malerin Xenia Hausner. Seit vielen Jahren arbeitet Hausner in der Alpenmilchzentrale im 4. Wiener Gemeindebezirk. Wer ihr Refugium betritt, findet einen lichtdurchfluteten Raum vor und taucht in den farbenfrohe Bilderkosmos von einer Malerei ein, die den weiblichen Blick auf die Welt feiert. Dieser Tage, so betont die Malerin, sei ihr Atelier ziemlich leergeräumt. Parallel zur Kunstbiennale in Venedig stellt Hausner derzeit in der Galerie Patricia Low in Venedig aus.

Erst vergangene Woche wurde eine Skulptur der Künstlerin enthüllt, die an prominenter Stelle - direkt vor Bad Ischls Hauptbahnhof - auf die drohende Klimakatastrophe aufmerksam macht. Im Auftrag des Kulturhauptstadtjahres schuf Hausner einen Frauenkopf aus poliertem Aluminium - der Hals ist durchgestreckt, der Mund geöffnet, auf der Stirn balanciert die Büste eine Sauerstoffflasche. Darauf liest man: "Atemluft". "Ich setzte mich in dieser Arbeit mit den Aporien der Wachstumsideologie auseinander. Ich selbst weiß nicht, wie es weitergehen soll. Vielleicht werden technologische Innovationen das Schlimmste verhindern. Doch derzeit sieht es trist aus."

Statement gegen den Klimakollaps

Mit 73 Jahren beschreitet Xenia Hausner, deren Karriere als Bühnenbildnerin begonnen hat, künstlerisch neue Pfade. Erstmals zeigt die Künstlerin auch in ihrer aktuellen Ausstellung in der Lagunenstadt Skulpturen. Bekannt ist Hausner freilich für ihre Inszenierungen auf der Leinwand. Doch auch zur Malerei fand die Tochter des berühmten phantastischen Realisten Rudolf Hausner erst in der Lebensmitte - nachdem sie jahrzehntelang erfolgreich am Theater gearbeitet hat.

Parallelen zum Werk des berühmten Vaters sieht sie nicht. "Ich male ganz anders als er. Diese altmeisterliche Technik, mit der er malte, beherrsche ich persönlich gar nicht. Ich habe in den frühen 1990er Jahren mit der Malerei begonnen - eher aus Zufall. Damals war ich noch Bühnenbildnerin. Dass man auch ganz alleine ein künstlerisches Werk schaffen kann, war für mich eine Offenbarung."

Jedes Bild ein Filmstill

Abbildungen von Frauen dominieren Xenia Hausner bildnerisches Werk. Doch die Künstlerin schafft keine Porträts, sondern vielmehr einen fiktiven Kosmos, in dem teils prominenten Modelle zu Akteurinnen werden. Jedes Bild gleicht einem Filmstill. Oft wirkt es so, als würde eine Geschichte jenseits der Leinwand weitererzählt werden: Eine Gruppe Frauen, die sich aus einem Zugfenster lehnt, um sich von ihren Liebsten zu verabschieden, ist da zum Beispiel zu sehen.

Womöglich befinden sie sich auf der Flucht? Ein anderes Bild zeigt zwei Frauen, die miteinander tanzen. So als handelte es sich um eine zarte erotische Annäherung mit ungewissem Ausgang. Die Betrachter und Betrachterinnen von Xenia Hausners Kunst sind dazu aufgefordert, Leerstellen zu ergänzen und die angedeutete Erzählung im Kopf fortzuspinnen.

Akteurinnen auf der Leinwand

Xenia Hausner malt vor allem Frauen. Ihre Modelle findet die Künstlerin häufig in der Kulturszene. "Xenia Hausner hat mich bei einer Preisverleihung angesprochen. Sie hat eine schöne Formulierung verwendet: Sie fragte, ob ich bei ihr mitspielen möchte." Zuletzt saß Burgschauspielerin Mavie Hörbiger für Xenia Hausner Model. Zu sehen ist die Arbeit noch bis 9. Juni in der Galerie Patricia Low in Venedig. Auf dem Bild trägt Hörbiger einen leuchtend blauen Trachtenjanker. Der Blick der Schauspielerin ist bestimmt und spiegelt den voyeuristischen Blick des Kunstpublikums. In den Armen hält Hörbiger ihren Partner, den Medienwissenschafter Paul Feigelfeld. "Pieta" nennt Xenia Hausner dieses Werk, das einmal mehr zeigt, dass in ihren Inszenierungen fiktive Settings mit Motiven aus der Kunstgeschichte verschliffen werden. Mavie Hörbiger posiert als schmerzensreiche Gottesmutter im modernen Gewand.

Für ihre großformatigen Gemälde baut Xenia Hausner oft aufwändige Kulissen, in denen sie ihre Modelle fotografiert. Es sind Vorstudien für die Arbeit mit dem Pinsel, die den Modellen mitunter viel Geduld abverlangen. Mavie Hörbigers Erinnerung an die gemeinsamen Sitzungen ist nach wie vor lebhaft: "Zuerst wird man fotografiert und dann beginnen die Sitzungen im Atelier. Wir waren fünf oder sechs Mal je vier bis fünf Stunden in ihrem Studio. Man sitzt die ganze Zeit in derselben Haltung. Irgendwann wird das zu einer Art Folter – selbst wenn man gemütlich sitzt, was bei uns nicht der Fall war. Allerdings hört man, wie Xenia Hausner die Farbe mischt. Diesem Vorgang haftet irgendwann etwas Meditatives an."

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