Himmel und Kosmos

8. Mai 2024, 06:57

Im Gegensatz zum religiösen Denken ist der Himmel der Philosophie und Naturwissenschaft kein Jenseits, sondern unmittelbar mit der Erde verbunden. Erde, Himmel, Sonne, Mond und Sterne bilden ein staunenswert aufeinander abgestimmtes Ganzes, dessen wohlgeratene Schönheit im Altgriechischen mit dem Begriff "Kosmos" bezeichnet wird.

Platons "Timaios" setzt Maßstäbe der Himmelsbeschreibung, die im europäisch-arabischen Raum über Jahrtausende wirksam bleiben: Alles Lebendige ist in einem Kosmos eingeschlossen, dessen Zentrum die Erde bildet. Aus der Mitte des Kosmos wirkt die Weltseele, die sich ausdehnt und alles von außen umhüllt. Aristoteles modifiziert Platons Himmels-Modell u.a. dadurch, dass er den kreisenden Himmelskörpern eine Stofflichkeit ganz eigener Art angedeihen lässt, den berühmten "Äther".

Cicero fasst das antike Himmelsbild im Dialog "De re publica" ein letztes Mal zusammen, bevor die europäischen Monotheismen sukzessive die Interpretationshoheit über den Himmel an sich reißen: Die Hauptfigur in Ciceros Dialog, Scipio, bestaunt in einer nächtlichen Traumvision die Milchstraße, orbis lacteus , nur um zu erkennen, wie klein sich angesichts der himmlischen Herrlichkeiten die Erde samt ihrer läppischen Imperien ausmacht.

Bei Cicero wird der Mensch angesichts des Himmels nicht unbedingt in Vertikalspannung versetzt und aufgerichtet, eher wird er eingeordnet. Im Blick aufs nächtliche Firmament erkennt Scipio, dass sein irdischer Platz nur ein winziger Punkt im "Universum" ist. Über 2000 Jahre nach Cicero haben wir den Himmel mit Raketen und Satelliten übersät. Doch die staunende Schau der kosmischen Schönheit ist uns aufgrund von Lichtverschmutzung, Luftverschmutzung und Tonnen von Weltraumschrott zunehmend verwehrt.

Service

Dominik Barta, "Vom Land", Verlag Zsolnay
Dominik Barta, "Tür an Tür", Verlag Zsolnay

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