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Shirin Ebadi - Friedensnobelpreisträgerin
Sie ist eine der ersten iranischen Richterinnen. Zwei Jahrzehnte lang hat sie als Anwältin Kinder, Frauen und Regimegegner:innen verteidigt. 2003 erhielt sie als erste muslimische Frau den Friedensnobelpreis. Ihre Erfahrungen sowie die der Iranerin Parastou Forouhar, die Ebadi als Anwältin verteidigt hat, geben Aufschluss über die aktuelle Situation der Frauen im Iran. Renate Maurer hat Shirin Ebadi im Londoner Exil besucht.
9. Mai 2024, 10:05
Mit 23 Jahren war sie eine der ersten Richterinnen im Iran, mit 28 wurde sie als erste Frau Gerichtspräsidentin am Teheraner Stadtgericht. Das war 1975. Begeistert nahm sie an den Studentenprotesten gegen den Schah teil, unterstützte voller Optimismus Ayatollah Khomeini und die islamische Revolution. Hatte dieser nicht eine moderne Republik mit demokratischen Prinzipien und "allen Freiheiten für die Frauen" versprochen?
Doch nach dem Sieg der Revolution 1979 warf sie das neue Regime aus dem Richteramt und degradierte sie zur Bürokraft. Entsetzt erlebte sie die Einführung des islamischen Rechts auf der Basis der Scharia, "grauenhafte Gesetze, die die Uhr um 1400 Jahre zurückdrehten". Dagegen anzukämpfen wurde Shirin Ebadis Lebensaufgabe.
1992 übernahm sie unbezahlte "pro bono"-Fälle, vertrat getötete Kinder, Student:innen und Regimegegner:innen, Frauenrechtlerinnen, politische Gefangene. Sie verteidigt auch Parastou Forouhar, deren Eltern vom Regime ermordet wurden. Zwar konnte sie keine gerechten Prozesse und Urteile herbeiführen, aber sie verschaffte dem Unrecht Öffentlichkeit - im eigenen Land wie im Ausland. Sie widersprach Richtern, schrieb Artikel, Berichte für die UNO und Bücher, hielt Vorlesungen, gründete in Teheran einen Kinderschutzbund und das "Zentrum für Menschenrechte". Der islamische Staat antwortete mit Überwachung, Schikanen, Morddrohungen, drei Wochen Einzelhaft. Sie ließ sich davon nicht in die Knie zwingen.
Nach der Verleihung des Friedensnobelpreises 2003 und nachdem sie 2009 nach London ins Exil gegangen war, verstärkte das Regime seine Bedrohungen. Sie machte trotzdem weiter, ist inzwischen in zahlreiche NGO's vertreten und setzt sich nach wie vor für die Menschenrechte in ihrer Heimat ein. Der Frieden in dieser Welt, so hat sie einmal in einem Interview gesagt, sei nur über einen Weg zu erreichen: über die Achtung der Menschenrechte.
"Niemals aufgeben. Shirin Ebadi - Porträt der iranischen Friedensnobelpreisträgerin." Von Renate Maurer.
Ton: Fridolin Stolz, Sprecherinnen: Irina Wanka, Marie-Therese Futterknecht, Redaktion: Eva Roither
Service
Buchtipps:
Shirin Ebadi, Mein Iran. Ein Leben zwischen Revolution und Hoffnung. Pendo-Verlag 2006
Shirin Ebadi, "Bis wir frei sind". Mein Kampf für die Menschenrechte im Iran. Piper, 2016
Parastou Forouhar, Das Land, in dem meine Eltern umgebracht wurden. Liebeserklärung an den Iran, Herder 2011
Parastou Forouhar, Schuhe ausziehen!, comic book
Artikel
Filme:
Tod in Teheran - Auftragsmord im Namen Gottes von Thomas Giefer mit Parastou Forouhar (Con Voi Film 2004 für ARD)
Sendereihe
Gestaltung
- Renate Maurer