"Absorbed by Digestion", 2023 (Bildausschnitt)

EVA BERESIN

Radiokolleg

Positionen in der Kunst (4)

Eva Beresin - Das Unsagbare zum Sprechen bringen

Die aus Ungarn stammende, aber seit 1976 in Wien lebende Künstlerin Eva Beresin malt seit mehr als 40 Jahren Bilder, die lange Zeit weder vom Kunstmarkt noch von der Kritik beachtet wurden. Erst als der US-amerikanische Künstler, Kritiker und 'Kunst-Influencer' Kenny Schachter ihre Arbeiten auf Instagram entdeckte, änderte sich das: Er promotete ihre Kunst mit allen ihm zur Verfügung stehenden Mitteln und machte aus der in Splendid Isolation vor sich hinwerkenden Künstlerin ein Phänomen. Zu Recht, denn Eva Beresin ist nicht einfach nur ein weiterer Kunst-Hype, sondern eine markante ästhetische Position, die ihre Dringlichkeit aus einer biografischen Prägung ableitet.

Sie entdeckte nach dem Tod ihrer Mutter im Jahr 2007 deren Tagebuch und legte Schicht um Schicht die Katastrophen in ihrer Familiengeschichte bloß: Beide Eltern waren durch das NS-Regime in Konzentrationslagern interniert worden und hatten Auschwitz-Birkenau sowie, im Fall der Mutter, Ravensbrück überlebt, während zahlreiche Familienmitglieder dort den Tod fanden. Die Aufzeichnungen der Mutter und ein darauffolgender Besuch in Auschwitz gaben der Produktivität der Künstlerin eine neue Schubrichtung: Kunst wurde zur Überlebenskunst.

In blassen, pastelligen, manchmal düsteren Farbgebungen versucht Beresin ein neues, intimes Verhältnis malerisch zu beglaubigen und sich auf diese Weise in die Familiengeschichte einzuschreiben: "Ich habe meine Mutter noch einmal völlig neu kennengelernt: Als 22-jähriges Mädchen aus einem sehr gutbürgerlichen Haus, das ein ziemlich schönes, mondänes Leben führte und sich noch 1943 über die faschistischen Pfeilkreuzler belustigte. Und ein Jahr später wurde sie ins Verderben gestoßen." Die auch durch die Holocaust-Geschichte neu entfachte Produktivität führte zu einer vermehrten Galerientätigkeit und zuletzt zu einer großen Ausstellung in der Wiener Albertina - der ersten in ihrer Heimatstadt. Doch all dies berührt die Künstlerin weniger, als man annehmen würde: Ja, es sei ein Wunder, was da passiert, sagt sie. Und sie genieße die Aufmerksamkeit, die ihr nun, endlich, zuteil werde: "Aber der Erfolg an sich interessiert mich eigentlich nicht so sehr. Ich male einfach weiter: Der Weg ist das Ziel."

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  • Thomas Mießgang