PICTUREDESK.COM/AFP/JOEL SAGET
Am Puls - Gesundheit und Medizin
Anorexie++Verhütung++Rechenschwäche
20. Juni 2024, 16:05
Anorexie - wenn die Seele verhungert
Die Anorexie ist die gefährlichste Essstörung. Nach Schätzungen versterben bis zu zehn Prozent der Betroffenen. Bei Pia L. begann die Magersucht bereits im Alter von zehn Jahren. Neben der unerbittlichen Gewichtsabnahme betrieb sie gleichzeitig extrem viel Sport. Laufen, Inlineskaten, Radfahren - etwa 70 Kilometer täglich. Ihren Eltern fielen diese Veränderungen rasch auf. "Die haben doch immer versucht, mir zu helfen, mich zu unterstützen, mich mit Gesprächen zu motivieren. Aber ich sage mal, sie hatten keine Chance. Ich hab's geleugnet, hab's vertuscht, hab immer mehr Kleidung angezogen, damit ich dicker aussah. Sie hatten keine Chance."
Pia L. wäre drei Mal fast verhungert. Nur der Aufenthalt in einer Spezialklinik in Deutschland rettete ihr in diesen Phasen das Leben. Sie hat ein Buch über diese 24 Jahre geschrieben. Essstörungen sind laut Definition keine Ernährungsstörungen, sondern schwere psychiatrische Erkrankungen. Häufig sind sie mit körperlichen Komplikationen und auch Schäden verbunden. Während der Pandemie hat die Zahl der Erkrankten deutlich zugenommen. Anorexie, Bulimie, aber auch Binge-Eating, Pica, Night-eating und die Purging-Störung betreffen etwa fünf bis zehn Prozent der Mädchen und jungen Frauen und etwa 0,5 Prozent der Burschen.
Zu Gast bei Mag.a Dr.in Maria Harmer sind neben Pia L., Univ.-Prof. Dr. Andreas Karwautz, Leiter der Spezialambulanz für Essstörungen an der Universitätsklinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie am AKH in Wien und die Ärztin und Psychologin Dr.in Julia Philipp.
Moderation: Mag.a Dr.in Maria Harmer
Sendungsvorbereitung: Mag.a Dr.in Maria Harmer
Redaktion: Dr. Christoph Leprich
Wie verhüten junge Frauen?
Verhütung ist in der überwiegenden Zahl der Fälle reine Frauensache. Laut dem österreichischen Verhütungsberichtes würden 37 Prozent der Frauen anders verhüten, wenn sie die Kosten nicht selbst tragen müssten. Also eine Spirale, die Pille oder doch einfach ein Kondom? Während in Vorarlberg nun ein Pilotprojekt beginnt, bei dem 3.000 Frauen mit Gratis-Verhütungsmitteln versorgt werden, fragen sich viele andere junge Österreicherinnen: Was ist die beste Methode für mich. Wie viel kostet mich diese Variante und welche Nachteile und Risiken muss ich in Kauf nehmen?nEs hat sich das Angebot an Verhütungsmittel in den letzten zwanzig Jahren stetig verbessert. Daher ist das Beratungsgespräch, bei dem frau und mann gemeinsam anwesend sein sollten, besonders wichtig.
Univ.-Prof.in Dr.in Katharina Walch ist Frauenärztin an der Medizinischen Universität Wien und Leiterin der In-Vitro-Fertilisation-Ambulanz. Im Beitrag von Elisabeth Bauer erzählt sie, welche Trends sich bei jungen Frauen abzeichnen und wie frau tatsächlich die beste Methode für sich findet.
Dyskalkulie - die Rechenschwäche ist sehr häufig
Bei gut sieben Prozent der Kinder besteht eine angeborene Rechenschwäche, die jedoch meist zunächst als "Faulheit", "Mangel an Aufmerksamkeit", ja sogar "Dummheit" falsch interpretiert wird. Dabei sind gerade Dyskalkulie-Kinder oft sehr ambitioniert, arbeiten hart an den mathematischen Aufgaben - und scheitern. Nicht aus Dummheit, sondern weil ihnen die Fähigkeit fehlt, Zahlen und Mengen zu abstrahieren und richtig einzuordnen. Sie stehen vor Rechenaufgaben wie ein der Sprache Unkundige vor einer Tafel mit chinesischen Schriftzeichen.
Die Verzweiflung und Einsamkeit, in die diese Kinder geraten, ist oft grenzenlos - da sie kein Verständnis finden, sondern auch noch ständig wegen ihrer "Faulheit" oder "Dummheit" kritisiert werden. Oft dauert es Jahre bis betroffene Kinder professionelle Hilfe bekommen. Diese gibt es und sie ist auch effektiv, Therapieplätze sind jedoch rar.
Agnes Goldmann, ausgebildete Dyskalkulie-Therapeutin, beschreibt das Problem der Rechenschwäche und den Weg zu besseren Rechenleistungen. Ein Beitrag von Sabine Nikolay.
Service
Weitere Informationen zu Essstörungen:
Pia L., Betroffene seit ihrem 10. Lebensjahr
Univ.-Prof. Dr. Andreas Karwautz
Facharzt für Psychiatrie und Neurologie, Professor für Kinder- und Jugendneuropsychiatrie
Leiter der Spezialambulanz für Essstörungen an der Universitätsklinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie am AKH in Wien
Medizinische Universität/AKH Wien
Währinger Gürtel 18-20
A-1090 Wien
Tel.: +43/(0)1/40 400-30570
E-Mail
Homepage
Dr.in Julia Philipp
Ärztin und Psychologin, Assistenzärztin im Hometreatment für Essstörungen und Mitarbeiterin in der Essstörungsambulanz an der Univ.-Klinik für Kinder und Jugendpsychiatrie der Med Uni Wien mit Schwerpunkt Angehörigenarbeit u.v.a.
Weitere Anlaufstellen und Info-Links:
Verein zur Förderung der Kinder- und Jugendpsychiatrie und Psychotherapie in Österreich
Österreichische Gesellschaft für Kinder- und Jugendpsychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie (ÖGKJP)
Österreichische Gesellschaft für Essstörungen (ÖGES)
Kompetenzzentrum Essstörungen
MANTRA: Maudsley Model of Anorexia Nervosa Treatment
Bücher:
Pia Luger
Ganz oder gar nicht-ein bisschen essgestört geht n(immer)
Eigenverlag erscheint 2024
Stephan Herpertz, Martina de Zwaan und Stephan Zipfel (Hg.)
Handbuch Essstörungen und Adipositas
Springer 2022
Janet Treasure, Gráinne Smith und Anna Crane
Unterstützung für Angehörige von Menschen mit Essstörungen
Ein Leitfaden für Eltern, Geschwister, Partner und Fachpersonal
Facultas 2020
Günter Reich und Antje von Boetticher
Hungern, um zu leben - die Paradoxie der Magersucht: Psychodynamische und familientherapeutische Konzepte
Psychosozial Verlag 2017
Janet Treasure und June Alexander
Gemeinsam die Magersucht besiegen: Ein Leitfaden für Betroffene, Freunde und Angehörige
Beltz Verlag 2001
Judith Gottmann
Magersucht überwinden: Neue Wege gehen und sich selbst lieben lernen. Für Betroffene und Angehörige
Trias 2021
Weitere Informationen zu Verhütungstrategien von jungen Frauen:
Expertin: Assoc. Prof. Priv.-Doz. Dr. med. Katharina Walch, Frauenärztin an der Medizinischen Universität im Allgemeinen Krankenhaus Wien und Leiterin der In-Vitro-Fertilisation-Ambulanz
Homepage
Weitere Informationen zum Beitrag über Dyskalkulie:
Interviewpartnerin:
Dr.in Agnes Goldmann
Breitenfurterstraße 376/1/5
1230 Wien
Tel.: 0650 2628402
E-Mail
Homepage
Dyskalkulie - was ist das?