Dietmar Hellmich

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Sound Art: Zeit-Ton

Zeitgenössische Musik verstehen

Hellmich erhellt zentrale und dezentrale Werke der Musikgeschichte aus dem Bereich Sprachkomposition.

Dietmar Hellmich, Komponist und Musikwissenschaftler aus Wien, beleuchtet für "Soundart: Zeit-Ton" im Kamingespräch mit Rainer Elstner zentrale und dezentrale Werke der Musikgeschichte. Diesmal zum Begriff "Sprachkomposition". Damit ist die Behandlung und Verarbeitung von Sprache in musikalischen Kompositionen gemeint.

Ein durch Schallplattenaufnahme überlieferter Vorläufer nutzte gerade seinen Mangel an musikalischer Ausbildung für ein monumentales groteskes Lautgedicht in annähernder Sonatenform: der DADA ist Kurt Schwitters mit seiner "Ursonate" der 1920er Jahre. Die freche Unbekümmertheit sowohl im Umgang mit der Tradition wie mit dem Publikum ist auch bei den ausgebildeten Komponisten zu bemerken, die um 1960 begannen, Sprache zu zerlegen und neu zusammenzusetzen.

Mauricio Kagel wendet in "Anagrama" auf ein lateinisches Palindrom aus der Musik übersetzte Strategien an: Neben der Übersetzung in verschiedene Sprachen mischt er neue Texte aus dem Buchstabenmaterial und erzeugt Kunstwörter, die verschiedene Verwechslungsmöglichkeiten bieten. György Ligeti komponiert in "Aventures" Ausdrucksbereiche wie "zutiefst angeekelt" oder "zügellos-erregt" und lässt die Sänger theatralisch agieren, was Luciano Berio in seiner Tonbandmusik "Thema. Omaggio a Joyce" verwehrt blieb, dafür bot das Studio andere Möglichkeiten der Generierung verbaler Musik.

Dietmar Hellmich, 1976 in Graz geboren, absolvierte technische Mathematik an der Technischen Universität Wien und Komposition an der Universität für Musik und darstellende Kunst Wien in der Kompositionsklasse von Dieter Kaufmann. Dort promovierte er zum Thema "Maschinen-Musik am Beispiel von Max Brand, Fritz Heinrich Klein und Edmund Meisel."

(Wiederholung vom 9. April 2024)

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