Sound Art: Zeit-Ton

Der Mann hinter der Vielfalt von Karlrecords

Zwischenräume auskundschaften: Thomas Herbst und sein Label Karlrecords im Zeit-Ton Porträt

Thomas Herbst hat auf seinem Berliner Label Karlrecords seit 2007 an die 120 Alben aktueller und experimenteller Musik herausgebracht. Der Fokus reicht von Wiederveröffentlichungen elektroakustischer Klassiker von Iannis Xenakis über zeitgenössische Komposition von Ernstalbrecht Stiebler bis zur Istanbuler Psychedelic-Jazz-Band Konstrukt. Dazwischen: Zeitkratzer, Bérangère Maximin und das Debüt-Album der türkischen Elektronikproduzentin Hüma Utku. Die ebenso einfache wie schwierige Absicht von Karlrecords: Interessante Musik unters Volk zu bringen.

Begonnen hat Karlrecords 2006, als der damalige Hamburger Plattenhändler Thomas Herbst auf dem Jazzfestival in Moers war. Dort trat einer seiner, wie Herbst ihn nennt, "Helden" auf: der Bassist Bill Laswell, ein Protagonist der New Yorker Downtown-Jazz-Szene. Herbst schlug spontan vor, ein Vinylalbum herauszubringen, das dann die erste Veröffentlichung von Karlrecords wurde. Zahlreiche Laswell-Arbeiten folgten, etwa das Free-Jazz-meets-Heavy-Metal-Trio Painkiller mit Saxofonist John Zorn und Schlagzeuger Mick Harris oder "Apocalypse Across The Sky" mit Feldaufnahmen des legendären marokkanischen Ensembles Master Musicians of Joujouka.

Vor einigen Jahren hat der Pianist Reinhold Friedl, Leiter des Ensembles Zeitkratzer und Xenakis-Experte, innerhalb von Karlrecords die Perihel Serie gegründet. Dort hat er u.a. eine Zusammenstellung zum Pianisten Muhal Richard Abrams - der als einer der ersten afroamerikanischen Jazz-Musiker Zugang zu elektroakustischer Komposition bekam - und die 5-LP-Box "Xenakis: Electroacoustic Works" herausgebracht.

Gleichzeitig erschienen auf Karlrecords seit mehr als zehn Jahren Zeitkratzer-Alben auf Vinyl, darunter "Metal Machine Music" mit Lou Reed oder Karlheinz Stockhausens "Aus den sieben Tagen" mit dem Free-Jazz-/Noise-Gitarristen und Sänger Keiji Haino.

Ein dritter Strang ist Musik aus dem arabischen Kulturkreis, etwa Umut Çaglars Band Konstrukt, Karkhana mit Musikern aus Beirut, Istanbul und Kairo oder mit "Scattered Memories" das Debüt des iranischen Komponisten Saba Alizâdeh.

2019 war Herbst Mitbegründer des Labels Zehra, das Musik aus dem Maghreb und der Levante wieder zugänglich macht, darunter "The Trance Of Seven Colors" (1994) des Gnawa-Meisters Maleem Mahmoud Ghania mit dem Saxofonisten Pharoah Sanders.

In "Zeit-Ton" erzählt Thomas Herbst über sein Ein-Personen-Label, Widerständigkeiten in Zeiten des Vinyl-Hypes und sozialgesellschaftliche Funktionen von Musik.

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