Der Faktor X

25. September 2024, 06:57

Wenn dem Kind etwas gut gelingt, also eine hervorragende Note, sportliche Leistung oder wenn es herausfordernde Situationen gemeistert hat, gibt es gerne den Satz in Richtung Eltern: Das habt ihr aber gut hinbekommen. Bravo, da könnt ihr stolz sein. Oder: Na, da hast du als Mutter aber alles richtig gemacht.

Wenn ich das bisher im Zusammenhang mit meinem Sohn zu hören bekommen habe, bin ich immer etwas nachdenklich geworden: Natürlich bin ich stolz auf mein Kind, dem etwas gelungen ist und auf mich, dass die Fürsorge und Liebe über die Jahre Früchte trägt. Ja, es ist ein Gefühl von Geglückt-Sein.

Und gleichzeitig breitet sich eine Ahnung aus, die etwas viel Größerem Platz machen will; ein Raum, der weit über uns als Eltern, unser Handeln und Umfeld hinausgeht und hineinreicht in eine Unendlichkeit, der wir nur Vertrauen schenken können, die sich aber unserer Kontrolle entzieht; etwas wie eine Ehrfurcht vor dem Leben selbst und vor jedem neuen Tag, von dem man nicht weiß, was und wen er bringt und für den wir Dankbarkeit empfinden können in aller Ungewissheit.

Verlässliche und sichere Beziehungen, in denen das Kind von Anfang an respektiert wird, keine Abwertung befürchten muss und immer wieder ausreichend Ruhe erfährt, um sich selbst wahrzunehmen, sind die beste Basis, die wichtige Bezugspersonen bereiten können. Das ist das Fundament, auf dem sich das Leben später tatsächlich leichter bauen lässt und auf dem sich das Kind als selbstwirksam erleben kann. Aber wenn es rote Rosen für das Kind regnet, empfinde ich das nicht als den Verdienst der Eltern. Das ist neben allem anderen vielleicht so etwas wie Gnade oder auch der Faktor X, das Unbekannte, das sich unserem Wissen und Bemühen entzieht.

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