Zehn Tage der Umkehr

9. Oktober 2024, 06:57

Die Tage zwischen Rosch ha-Schana, dem jüdischen Neujahrsfest, und Jom Kippur, dem heiligsten Feiertag, sind die Zehn Tage der Umkehr. Diese Tage bieten die Möglichkeit für Veränderung, bevor das Buch des Lebens mit allen Verfehlungen des letzten Jahres besiegelt wird. Das ist der Prozess der Teshuva, hebräisch für Umkehr oder Buße.

Laut Maimonides hat Teshuva drei Phasen: das Schuldbekenntnis, die Reue und das Versprechen, das Vergehen nicht zu wiederholen. Aber es fehlt noch ein wichtiger Schritt davor, um diesen Prozess überhaupt zu beginnen: die Einsicht, dass man etwas falsch gemacht hat.

In unserem Zeitalter der überhitzten Debatten auf sozialen Medien ist es vielleicht die Einsicht, nicht mit allem Recht zu haben. Dazu braucht es einen gewissen Grad an Reflexion und einen Moment des Innehaltens, um von der Überzeugung des eigenen Egos zurückzutreten. Und genau das scheint in polarisierten Debatten um den Nahostkonflikt oft nicht möglich. Denn wenn beide Seiten auf ihre Narrative beharren, dann wird jeglicher Dialog unmöglich.

Wichtig ist aber auch, dass Veränderung möglich ist. Dass man die Spirale der Gewalt und Gegengewalt durchbrechen kann. Meiner Meinung nach wäre es Zeit für die Einsicht, dass dieser Krieg sinnlos ist, und nur noch mehr menschliches Leid bringt. Es vergeht kein Tag, an dem keine Schreckensnachrichten von Gewalt, Vertreibung und Tod zu hören sind. Kann in diesem Kontext ein Prozess der Teshuvah und der Umkehr beginnen, der für eine Versöhnung so dringend notwendig wäre?

Service

Podcast abonnieren

Sendereihe

• Gedanken für den Tag

Gestaltung

• Alexandra Mantler