Kunst

17. Oktober 2024, 06:57

Kunst, das heißt für mich im Zeitalter der Autofiktion, in dem wir uns wieder immer stärker ins scheinbar Private und Persönlich-authentische zurückziehen, mehr denn je, den Mut zu kultivieren, große Fragen zu stellen.

Aus Angst, sich der Lächerlichkeit Preis zu geben, oder nicht ernst genommen zu werden im Wunsch darum, Literatur als veritables erkenntnistheoretisches Werkzeug zu verwenden, ist die Hemmschwelle oft riesig. Die Pataphysik, die Wissenschaft von den imaginären Lösungen, erlaubt, nein erzwingt dies sogar - unter dem Deckmantel der Kunst ist sie ein Laboratorium dafür, was die Struktur der Forschung überhaupt ausmacht. Wenn ich etwa Biologie betreibe, dann verstellt mir die Ernsthaftigkeit des Inhalts zuweilen den Blick auf die Eigenheiten der nackten Form - und auch auf ihre Mankos und Paradoxien.

Damit will ich nicht sagen, dass Pataphysik und ihre Abspaltungen wie Oulipo oder der Situationismus sich stets großen Fragen und tiefschürfenden formellen Erwägungen gewidmet haben. Auch tatsächliche Satire oder die Lust an der Absurdität sind gerechtfertigte Anliegen. Aber sie trägt den Samen der Erkenntnistauglichkeit in sich - zwischen dem Absurden und dem als normal Empfundenen gibt es keine klare Demarkationslinie, sondern nur den Trott der Alltäglichkeit, der uns das Außergewöhnliche als Normal erscheinen lässt.

Performancekunst ist oft nichts anderes als ein Name, den wir einer originären, einer wirklich bahnbrechenden Methode geben, ehe sie sich etabliert hat. Lächerlichkeit und Humor im eigenen Bestreben sind nichts anderes, als die Form, die eine große Frage annimmt, ehe sie jemand beantwortet hat.

Service

Raphaela Edelbauer, "Entdecker: Eine Poetik", Klever Verlag 2017
Raphaela Edelbauer, "Das flüssige Land", Klett-Cotta 2019
Raphaela Edelbauer, "Dave", Klett-Cotta 2021
Raphaela Edelbauer, "Die Inkommensurablen", Klett-Cotta 2023
Raphaela Edelbauer, "Routinen des Vergessens". Klett-Cotta 2024

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Gestaltung

• Alexandra Mantler