Im Fokus - Religion und Ethik

Reihe Pionierinnen: Von der Lückenbüßerin zur Weltsensation

Mit diesem Thema im Fokus: Die erste Dekanin einer katholisch-theologischen Fakultät, Herlinde Pissarek-Hudelist

Ihre Rolle als Vorreiterin, als Erste ihrer Art, zieht sich wie ein roter Faden durch Pissarek-Hudelists Biografie. Im Herbst 1950 begann sie in Innsbruck Theologie zu studieren, schrieb ihre dogmengeschichtliche Doktorarbeit bei Hugo Rahner und wurde 1960 als erste Frau zum Doctor theologiae ihrer Fakultät promoviert. Wenige Tage später begann sie ihre Arbeit als Universitätsassistentin bei Karl Rahner am Institut für Dogmatik, die in die bewegte Zeit des beginnenden Zweiten Vatikanischen Konzils fiel. Schon während ihres Studiums hatte Hudelist auch als Religionslehrerin an einer Mädchen-Hauptschule gearbeitet, obwohl sie auch hier auf ihre erste Anfrage beim Schulamt zur Antwort bekommen hatte: "Das wird es nie geben, dass Laien Religion unterrichten, und Frauen schon gar nicht." Ein paar Monate später stand sie dennoch in der Klasse, weil kein Priester verfügbar war. "Mein ganzer Lebenslauf ist bestimmt von der Funktion der Lückenbüßerin. Das scheint ein weibliches Los zu sein. Aber es ist immer noch besser, diese Rolle in Kauf zu nehmen und das Beste daraus zu machen, als beleidigt diese Möglichkeiten auszuschlagen", sagte sie später darüber.

Als ihre Kinder klein waren, arbeitete Pissarek-Hudelist als freie Mitarbeiterin für die "Zeitschrift für Katholische Theologie", bis sie schließlich 1978 an die Universität zurückkehrte. "Für viele Studierende war sie die erste Frau, die sie im Professorenstatus erlebten. Das hat anfangs einige irritiert, viele neugierig gemacht, besonders die jungen Frauen aber stark motiviert", erinnert sich ihre ehemalige Assistentin am Institut für Katechetik und Religionspädagogik, Martha Heizer. Pissarek-Hudelist setzte sich leidenschaftlich für die Gleichberechtigung der Geschlechter innerhalb der Kirche ein und forderte eine stärkere Einbindung von Frauen in kirchliche Entscheidungsprozesse. Ihre Schriften, unter anderem das "Wörterbuch der feministischen Theologie", und Vorträge zu diesem Thema haben viele Menschen inspiriert und zu einer breiteren Diskussion über die Rolle der Frau in der Kirche beigetragen. Für die Studienjahre 1989/90 und dann noch einmal für 1992/93 wurde sie zur Dekanin für die Theologische Fakultät in Innsbruck gewählt. Das war eine Weltsensation, war sie doch weltweit die erste Frau in dieser Funktion. "Sie bewegte sich mit ansteckender Selbstverständlichkeit in dieser Männerdomäne und stellte sich allein dadurch schon in Frage", so Martha Heizer.

In der losen Reihe "Pionierinnen" widmet sich "Im Fokus" den immer noch weitgehend unbekannten Biografien von "ersten Frauen", der ersten evangelischen Pfarrerin, der ersten katholischen Dekanin und der ersten Rabbinerin. - Gestaltung: Alexandra Mantler

Sendereihe

Gestaltung

  • Judith Fürst