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Punkt eins
100 Jahre auf dem "Zauberberg"
1924 erschien Thomas Manns Roman "Der Zauberberg": Wie passt er in seine, wie in unsere Zeit? Gast: Prof. Dr. Kai Sina, Literaturwissenschaftler, Universität Münster. Moderation: Xaver Forthuber. Anrufe 0800 22 69 79 | punkteins(at)orf.at
19. November 2024, 13:00
Weltpolitik und Philosophie, Kultur und Mythen, persönliches Schicksal und gesellschaftliche Zerwürfnisse und nicht zuletzt Ironie und Satire treffen sich auf dem "Zauberberg": Im November 1924 erschien Thomas Manns Roman mit diesem Titel, der in der Abgeschlossenheit eines fiktiven Sanatoriums die Ethnien und Strömungen der Vorkriegszeit miteinander interagieren lässt - bis sie vom Ausbruch des Ersten Weltkriegs eingeholt werden. Einer gängigen Interpretation zufolge spiegelt sich darin auch eine Wandlung des Autors, der während der Entstehungszeit vom eher unpolitischen Reaktionär zum engagierten Demokraten wurde.
Nicht nur der Roman arbeitet sich an seiner Position im 20. Jahrhundert Europas ab, sondern auch das folgende Jahrhundert sich an ihm. Die ganze Zeit hindurch wurde der "Zauberberg" auf verschiedene Arten gelesen. In der Weimarer Republik, von den Nazis, von den 68ern und international: Als "Magic Mountain" bezeichnete ihn etwa die amerikanische Essayistin Susan Sontag berühmterweise als ihr "Lebensbuch".
Zahlreiche Verfilmungen, Bühnenversionen, Bearbeitungen und Ergänzungen erschienen und erscheinen bis heute: 2023 legte die polnische Literaturnobelpreisträgerin, Psychologin und Aktivistin Olga Tokarczuk einen "Zauberberg"-inspirierten, feministischen Roman mit dem Titel "Empusion" vor; von dem deutschen Humoristen Heinz Strunk erscheint kommende Woche "Zauberberg 2"; und Bastian Krafts Bearbeitung, die derzeit am Wiener Burgtheater läuft, wird von der Kritik wahlweise als "beglückend" und kurzweilig bezeichnet (nachtkritik.de) oder als "blass" und zu kurz greifend (Der Standard). Was zu der Frage führt: Was erwarten wir vom "Zauberberg"? Und was will das Buch eigentlich von uns?
Haben Sie's gelesen? "Muss" man den "Zauberberg" gelesen haben? Gibt es im Denken der heutigen Generation überhaupt noch so etwas wie einen großen, gemeinsamen Literaturkanon, und welche Bedeutung hätte Thomas Mann und sein Werk darin?
Auch jetzt, an einem möglichen Wendepunkt des 21. Jahrhunderts, wird der "Zauberberg" von manchen noch neu entdeckt. Etwa in den Literaturseminaren von Kai Sina, Professor für Neuere deutsche Literaturwissenschaft und Komparatistik am Germanistischen Institut der Universität Münster.
Mit Xaver Forthuber und unseren Hörer:innen spricht Kai Sina darüber, wie der Roman in seine Zeit passt - und wie er in unsere passen könnte.
Reden Sie mit: Rufen Sie in der Sendung an unter 0800 22 69 79 oder schreiben Sie ein E-Mail an punkteins(at)orf.at
Sendereihe
Gestaltung
- Xaver Forthuber