David Weiss über Brauchtum und Identität

6. Dezember 2024, 06:57

"Es muss feste Bräuche geben", sagt der Fuchs zum kleinen Prinzen bei Antoine de Saint-Exupéry. Brauch ist ein Fachwort der Volkskunde aus dem letzten Jahrhundert. Bräuche sind wiederkehrende und sich verändernde Rituale zu bestimmten Jahreszeiten. Die Sympathie für Bräuche ist in der österreichischen Gesellschaft überaus groß. Oft werden in den Traditionen Werte bewahrt, die den Menschen Orientierung und Beheimatung geben in einer als immer komplizierter erfahrenen Welt. Besonders im Advent und zu Weihnachten.

Von einigen Traditionen kann ich tatsächlich die Herkunft eines Menschen ableiten. Der Advent dauert weltweit vom 1. Adventsonntag bis zum Heiligen Abend, jedoch in Frankreich ist die Zeit der Erwartung ursprünglich sechs Wochen lang. In England küssen sich Menschen unter dem Mistelzweig, jeweils so oft, wie sie zuvor Beeren von dem Sträußchen pflücken. Gibt es oben keine Beeren, gibt's darunter kein Küssen.

Am Abend des 6. Dezembers besucht der Heilige Nikolaus mit seinen Gaben die braven Kinder. Der historische Befund über einen Bischof der Stadt Myra mit Namen Nikolaus im 4. Jahrhundert in der heutigen Türkei ist äußerst gering. Die ältesten Legenden stammen aus dem 6. Jahrhundert. Sie erzählen von einem heiligen Mann, großzügig und weichherzig, und vielen guten Werken, die er an Kindern und Erwachsenen tut. Der Nikolo trägt Mitra, rotes Bischofsornat und einen langen weißen Bart. Sein dunkler Begleiter ist der Krampus.

Auch wenn das Internet den armen Teufel zum Deutschen macht - nördlich kannte ihn bis zu den populären Hollywoodfilmen niemand - und ihn Pädagoginnen und Erzieher vermehrt aus Kindergärten und Schulen verbannen, ist der Rutenschwinger mit Bockshörnern, zottigem Fell und langer roter Zunge Teil der österreichischen Identität.

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