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Kärntner Fastentücher - Gewebte Geschichte

Ambiente Spezial:
Reise zu besonderen Glaubens- und Kulturschätzen in Kärnten, von Millstatt ins Gurktal.

Kennen Sie den Ausdruck "am Hungertuch nagen"? Er geht auf den seit ungefähr tausend Jahren bezeugten Brauch zurück, während der vierzigtägigen Buß- und Fastenzeit Altarbilder und Kreuze in den Kirchen mit Tüchern zu verhängen. In Kärnten zählen die Fastentücher zu den besonderen Kulturschätzen des Landes. Beginnend am Aschermittwoch werden in rund 90 Kärntner Kirchen Fastentücher im Altarraum aufgezogen, riesige Tuchmalereien, die Geschichten aus der Bibel und Begebenheiten aus dem Leben Jesu aufzeigen. Hungertücher, wie Fastentücher ursprünglich genannt wurden, spielen in der Kirchengeschichte eine bedeutende Rolle vor allem in der Zeit des Analphabetismus, dienten sie doch als eine Art Bilderbuch, das die Leidensgeschichte Christi zeigte, und das die Menschen als Wegweiser zur Besinnung mahnen sollte.

Eines der der größten, noch erhaltenen Fastentücher im gesamten Alpenraum findet sich im Stift Millstatt, dass über dem sonnigen Nordufer des Millstätter Sees thront. In der Stiftskirche mit einem Weltgerichtsfresko im Renaissance-Stil treffen sich alljährlich im Rahmen der Musikwochen Millstatt Künstlerinnen und Künstlern aller Musikrichtungen zu hochkarätigen Konzerten. Im Stifts-Innenhof erhebt sich imposant eine rund 600 Jahre alte Linde, die mit einer Höhe von 22 Metern und einem Kronendurchmesser von 16 Metern beeindruckt.

Das älteste Kärntner Fastentuch stammt aus dem Jahr 1458 und hängt zur Fastenzeit im Gurker Dom. Auf einer Fläche von fast hundert Quadratmetern hat Meister Friesach 99 Bilder untergebracht. In der Krypta des Domes findet sich die letzte Ruhestätte der Heiligen Henna, der Schutzpatronin Kärntens. Sie lebte im 12. Jahrhundert, war eine reiche, gläubige Adelige, und begründete das Stift Gurk. Auf fast 1.000 Quadratmetern zeigt die Schatzkammer Gurk in zehn Ausstellungsräumen sakrale Kunst aus Kärnten.

Auch zeitgenössische Künstlerinnen und Künstler gestalten Fastentücher, die allerdings nicht mehr das Erzählende zum Inhalt haben, sondern durch ihre abstrakte Aussagekraft Allgemeingültigkeit für den suchenden Menschen erhalten. Der inzwischen verstorbene Kärntner Maler Ferdinand Penker gestaltete 2009 ein Fastentuch für die Stadtpfarrkirche von Straßburg. Das 12 mal 6 Meter große Fastentuch folgt dem Feldertypus des Gurker Fastentuches und beeindruckt durch seine monochrome Komposition mit Kohle- und Zinnoberpigmenten.

Redaktion: Ursula Burkert

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  • Gerhard Hafner