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Kitzbühel stellt sich seiner NS-Vergangenheit

Kitzbühel - Eldorado des alpinen Skisports, mondäner Tourismusort, ein Platz der Reichen und Schönen. Gerne wird dabei vergessen, dass bereits in den frühen 1930ern Sportverbände und Tourismusbetriebe den Weg in die NS-Ideologie ebneten. Die Geschichte einer schwierigen Aufarbeitung - am Beispiel der Biografie des ersten Hahnenkamm-Abfahrtssiegers.

Bereits 1931 wird das erste Hahnenkammrennen ausgetragen: Sieger der Abfahrt wird der Kitzbüheler Skilehrer Ferdinand Friedensbacher. Seine berufliche Laufbahn: Tapezierer, Gendarm, Gestapo-Beamter. Während sich Kitzbühel zum Vorzeigeort des NS-Regimes entwickelt, ist Friedensbacher als Mitglied der Geheimen Feldpolizei in der Partisanenbekämpfung am Balkan und in Griechenland tätig. In den Jahren 1942 bis 1944 ist er auf Kreta in eine ganze Reihe von Kriegsverbrechen verwickelt. Zurück in Kitzbühel, gibt er sich 1945 als Widerstandskämpfer aus, entgeht der Entnazifizierung durch dauernde Umzüge und wird Leiter einer Skischule. Erst 1970 holt ihn seine Vergangenheit ein. In Innsbruck wegen des Mordes an einem griechischen Apotheker im Jahre 1944 angeklagt, wird er trotz drückender Beweislast freigesprochen.

Die Historikerin Sabine Pitscheider hat in ihrer Monographie "Hakenkreuz am Hahnenkamm" Geschichten wie diese gesammelt - Sinnbilder des Vergessens und Verdrängens, der Lügen und der Ausreden - und sich damit in Kitzbühel nicht nur Freunde gemacht. Dass in den Jahren 1938 bis 1945 Andersdenkende verjagt, verfolgt und ermordet wurden, Nazi-Prominente wie Leni Riefenstahl ihren Wohnsitz nach Kitzbühel verlegten und sich der Sport in den Dienst der NS-Ideologie stellte, galt lange Zeit als "Schnee von gestern". 80 Jahre nach Kriegsende stellt sich die Gamsstadt erstmals ihrer NS-Vergangenheit.

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