Der Lauf der Donau

10. Jänner 2025, 06:57

Von Béla Bartóks Mutter ist die Geschichte von dem Tag überliefert, als ihr Sohn in der Schule von der Donau lernte. Bartók kam nach Hause, setzte sich ans Klavier und vertonte den Donaulauf von der Quelle bis zu seiner Mündung ins Schwarze Meer.

"Der Lauf der Donau", das Hauptwerk des zehnjährigen Béla Bartók, kann mit dem multiethnischen Charakter des Flusses als Gruß eines Kindes an sein späteres Ich gelesen werden. Bartók, der Komponist und Pianist, der Musik-Ethnologe. 1905 brach er erstmals auf, um die ungarische Volksmusik zu erkunden, später dehnte er seine Forschungen auf slowakische, rumänische, bulgarische und serbische Volkslieder aus, er reiste von Dorf zu Dorf, auf der Suche nach Musik, die zu verlorengehen drohte.

Unzählige Mägde, Tagelöhner, Ziegenhirten sangen in den Trichter seines Phonographen - Bartók hielt über 10.000 Lieder fest. Diese von ihm als Bauernmusik bezeichneten Aufzeichnungen waren in ihrer Einfachheit wegweisend für seine eigenen Kompositionen. "Das Studium all dieser Bauernmusik war deshalb von entscheidender Bedeutung für mich, weil sie mich auf die Möglichkeit einer vollständigen Emanzipation von der Alleinherrschaft des bisherigen Dur- und Mollsystems brachte."

Der Lauf der Donau. Auf seinen Forschungsreisen suchte Bartók nach der originären Musik der Landbevölkerung, aber das führte bei ihm nicht zu schlichtem Folklorismus. Er hielt fest, in welch gegenseitiger Einflussnahme regionale Kulturen stehen und wie wenig sie auf Nationalität zu beschränken seien. Ihm widerstrebte das "Scheinhafte einer übertreibenden Zusammengehörigkeits-Ideologie", ebenso der "substantielle Schein der Nationalcharaktere."

Bartók, der Komponist, dem die Verständigung der Völker am Herzen lag, der Anti-Faschist. Im Oktober 1940 emigrierte er in die USA und sollte die Donau nie wieder sehen.

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