Alexander Somek

ECKSTEINF18 - WIKIMEDIA - CC BY-SA 4.0

Punkt eins

Darf Trump alles - straflos?

Der Präsident und das Recht in den USA. Gast: Univ.-Prof. Dr. Alexander Somek, Professor für Rechtsphilosophie an der juridischen Fakultät der Universität Wien. Moderation: Johann Kneihs. Anrufe 0800 22 69 79 | punkteins(at)orf.at

Ein verurteilter Straftäter wird Präsident der USA: Das hat es seit der Unabhängigkeitserklärung im Jahr 1776 nicht gegeben, und das wird auch international viel kommentiert. In einem einzigen von mehreren Prozessen wurde Donald Trump verurteilt: wegen des Fälschens von Geschäftsunterlagen. Das Urteil wurde allerdings zwiespältig aufgenommen, denn Donald Trump bleibt straflos. Andererseits habe der Richter mit der Verurteilung großem politischen Druck standgehalten, werten Kommentare den Ausgang als Zeichen für die Unabhängigkeit der US-Justiz.

Als amtierender Präsident kann Donald Trump Strafverfahren des Bundes gegen ihn einstellen lassen. Der Oberste Gerichtshof hat ihm sehr weitgehende Immunität zugestanden. Zahlreiche Prozesse wurden schon beendet oder stehen vor der Einstellung, darunter auch das Verfahren um Trumps Rolle vor und während der Erstürmung des Kapitols, mit fünf Toten als Folge, um 2021 eine friedliche Amtsübergabe zu verhindern.

Wie widerstandsfähig ist also der Rechtsstaat in den USA? Diese Frage wird derzeit oft gestellt, auch im Hinblick auf verschiedenen Ankündigungen des US-Präsidenten - beispielsweise politische Gegner verfolgen zu wollen. Halten die Institutionen stand, mit denen die Verfassung tyrannische Herrschaft verhindern wollte?

Der Rechtswissenschaftler Alexander Somek verweist dazu auf die besondere Rolle des Obersten Gerichtshofs, des Supreme Court. Durch ihn habe Trump, der drei der neun Mitglieder ernannt hat, viel Macht, die Verfassung umschreiben zu lassen. Das sei in der US-amerikanischen Geschichte auch nicht ungewöhnlich - die Verfassung werde in der Rechtsprechung laufend verändert und ergänzt. In ihr stehe nicht die Gesetzgebung, sondern die Exekutive im Zentrum. So kann mit Dekreten des Präsidenten, den "executive orders", entschieden werden, was sich gesetzlich nicht zwischen Präsident und Kongress regeln lässt.

Alexander Somek war neben mehreren Gastprofessuren ab 2003 Lehrstuhlinhaber am College of Law der University of Iowa. Seit 2015 ist er Professor für Rechtsphilosophie an der Universität Wien. Die neue politische Allianz in den USA, zwischen einflussreicher Oligarchie und vielen, die ihren sozialen Abstieg fürchten, werfe die grundsätzliche Frage auf, ob man sinnvoll von Verfassungen als System von Normen sprechen könne, so Alexander Somek - und ob das Verfassungssystem etwa der USA nicht ohnehin von Kräften bewegt werde, die es zu ihrem Vorteil nützen und auch manipulieren.

Johann Kneihs spricht darüber mit Alexander Somek und mit Ihnen: die Redaktion freut sich auf Ihre Fragen und Beiträge, telefonisch während der Sendung unter 0800 22 69 79 oder per E-Mail an punkteins(at)orf.at

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