Punkt eins
Erinnern, um zu lernen
Vom Opfermythos zur Gleichgültigkeit? Wie wir Jugendlichen die Zeit des 2. Weltkriegs näherbringen. Gäste: Gudrun Blohberger, pädagogische Leiterin, KZ-Gedenkstätte Mauthausen & Gertraud Diendorfer-Ratzenböck, Demokratiezentrum Wien & Univ.-Prof. Dr. Thomas Hellmuth, Institut für Geschichte, Universität Wien. Moderation: Xaver Forthuber. Anrufe 0800 22 69 79 | punkteins(at)orf.at
22. Jänner 2025, 13:00
Krieg, Nationalsozialismus und Holocaust sind Teil unserer Geschichte - sie lebendig zu halten, ist eine Aufgabe für jede neue Generation, auch heute, 80 Jahre nach Ende des Zweiten Weltkriegs, wo es immer weniger Zeitzeug:innen gibt und gleichzeitig der politische Wind immer stärker von rechts weht. Wer will, dass die Gesellschaft dagegenhält, muss sie wappnen - und dafür bedarf es der Aufarbeitung und Vermittlung des Historischen, ein längst nicht abgeschlossener Prozess.
Seit "Verdrängung und Verklärung" in den Schulbüchern dem Anspruch einer kritischen und verantwortungsvollen Auseinandersetzung gewichen sind - zumindest dem Anspruch nach -, ist schon einige Zeit vergangen. Das dieswöchige Ö1 Radiokolleg zeichnet diese Geschichte nach. Wie sich das in der Praxis des Geschichtsunterrichts niederschlägt, ist aber auch von der eigenen Sozialisation und dem Umfeld der Lehrenden geprägt, sagt etwa Thomas Hellmuth. Der Zeithistoriker ist Professor für Geschichtsdidaktik an der Universität Wien und hat zuvor selbst an AHS in Oberösterreich unterrichtet.
Während die Geschichtsvermittlung an Jugendliche didaktisch und inhaltlich Fortschritte macht, ist bei der politischen Bildung noch "Luft nach oben" im Bildungssystem, sagt Gertraud Diendorfer-Ratzenböck, Vorstandsvorsitzende des Vereins Demokratiezentrum Wien sowie Gründerin und Generalsekretärin des "Forum politische Bildung", das Lernmaterialien und Unterrichtsbeispiele zur Verfügung stellt. "Auseinandersetzung mit Geschichte" könne dazu dienen, "Gegenwart und Zukunft zu meistern", schreibt sie im Vorwort zu einem der Themendossiers: "Am Wandel der Erinnerungskulturen lässt sich ablesen, dass jede Generation ihre Fragen an die Vergangenheit neu stellt und daher Geschichte auch immer wieder neu verhandelt wird."
In der Gedenkstätte Mauthausen finden diese Verhandlungen täglich statt. Gudrun Blohberger hat dort 2015 als pädagogische Leiterin übernommen, schon zuvor hatte sie sich auf "Gedenkstättenpädagogik" spezialisiert, wie das Themengebiet der Vermittlung in einem sensiblen Kontext wie dem ehemaligen Konzentrationslager genannt wird. Angebote umfassen neben Führungen und Ausstellungen auch Workshops in Zusammenarbeit mit dem Mauthausen Komitee und dem Programm "erinnern.at", in dessen wissenschaftlichem Beirat auch Thomas Hellmuth sitzt.
Wie erzählen wir die Geschichte der Zeit vor 80 Jahren heute? Ist diese Geschichte relevant für die Gegenwart, können pädagogische Konzepte dem Rechnung tragen, und wie wird dieses Wissen von Heranwachsenden heute aufgenommen, verarbeitet, umgesetzt?
Gudrun Blohberger, Gertraud Diendorfer-Ratzenböck und Thomas Hellmuth sind Gäste bei Xaver Forthuber. Erzählen Sie uns von Ihren Erfahrungen mit Geschichtsvermittlung, in der Schule und außerhalb, oder stellen Sie Ihre Fragen: Rufen Sie in der Sendung an unter 0800 22 69 79 oder schreiben Sie ein E-Mail an punkteins(at)orf.at
Service
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Ö1 Radiokolleg: 20.-23. Jänner 2025, 9:30 Uhr
1945 - Ein Blick in die Schulbücher
Gestaltung: Barbara Volfing
Unter Aufsicht der Besatzer
Im Griff des Opfer-Mythos
Das Ende des Schweigens
Erinnerungskultur im Unterricht
Hier finden Sie weitere Sendungen aus dem Ö1 Programm zu den Themen Ende des Zweiten Weltkriegs und Politische Bildung
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Gestaltung
- Xaver Forthuber