Lexikon der österreichischen Popmusik (3)

29. Jänner 2025, 09:45

Mary Broadcast - nie gehört? Okay, jetzt aber nicht rasch Wikipedia nachlesen! Es gibt nur wenige Künstlerinnen in diesem Land, die es in punkto Beständigkeit (die oft an Sturheit grenzen mag), musikalische Bandbreite und Wandlungsfähigkeit mit Maria Aichberger alias Mary Broadcast aufnehmen können.

Die Künstlerin verfolgt ihre Vision seit ziemlich exakt zwanzig Jahren: dass inhaltlicher Tiefgang und gutes Songwriting bestens miteinander können. Die Passion, die Welt mit selbst geschaffener Musik zu versorgen, ist nie erloschen, ebenso nicht der Mut, sich immer wieder neu zu erfinden und radikal anders zu formatieren. Dabei wurde und wird kaum etwas ausgelassen - sei es die Bewerbung als österreichische Teilnehmerin des European Song Contests, sei es das mühelose Kreieren von eigenen Genre-Annäherungen (von Blues zu Soul zu Funk zu Pop ...) Die studierte Musikschaffende und Pädagogin schreibt ungeniert, ja stolz ihre eigene (Musik-)Geschichte.
Bandgründung 2005 (Mary Broadcast ist ihr Künstlername und zugleich jener ihrer Band), erste Veröffentlichung 2006, bislang neun (!) Alben, unzählige Live-Gastspiele von Leipzig bis Salzburg, von Handenberg in Oberösterreich (ihrem Herkunftsort) bis Helsinki. 2025 soll "Annivers" erscheinen, ein Jubiläumsalbum, das den Willen dokumentiert, es noch einmal oder noch immer oder schon wieder wissen zu wollen. Hier haben wir eine Sängerin und Gitarristin, aber auch Komponistin, Bandleaderin, Bookerin, Produzentin und Mastermind ihres eigenen Projekts. Ein klassisches Role Model also. Seit Beginn von Mary Broadcast ist die Namensgeberin und Frontfrau der Band als feminines und feministisches Fanal selbständig und selbstbewusst im Musikbusiness unterwegs, ohne große PartnerInnen im Hintergrund. Sie setzt sich auch für die Sichtbarkeit von MusikerInnen ein, indem sie z.B. regelmäßig spezielle "HER"-Veranstaltungen konzipiert und umsetzt.
Mary Broadcast steht in einer Reihe mit MusikerInnen, die nicht typischen Pop-Zirkus-Klischees entsprechen und keine schön geschminkte Püppchen mit Sirenen-Stimme repräsentieren, sondern eigenwillige Kunstfiguren, die eigenmächtig ihre Nischen abseits des Mainstreams ausloten und absichtlich auch eigenartige, sprich: denkwürdige Karriereschritte setzen.

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Gestaltung

• Walter Gröbchen