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Punkt eins
Journalismus, PR oder Propaganda?
Das Medienuniversum der Parteien. Gast: Univ.-Prof. Dr. Josef Trappel, Leiter des Bereichs Kommunikationswissenschaft der Universität Salzburg. Moderation: Marina Wetzlmaier. Anrufe 0800 22 69 79 | punkteins(at)orf.at
29. Jänner 2025, 13:00
Eigene Videoformate, denen auf YouTube 230.000 Abonnent:innen folgen. Podcasts, in denen Parteimitglieder die eigenen Funktionäre zu aktuellen Themen befragen. Webseiten, die auf den ersten Blick wie herkömmliche Nachrichtenportale wirken. Was früher die klassische Parteizeitung war, hat im digitalen Raum neue Dimensionen angenommen. Kaum eine Partei kommt ohne Online-Medium aus: so gründete der SPÖ-Parlamentsklub im Jahr 2016 das sozialdemokratische Magazin kontrast.at, die ÖVP zog einige Jahre später mit dem Blog Zur-sache.at nach, die Grüne Zukunftsakademie betreibt das FREDA Magazin und auch die NEOS gründeten im Jahr 2022 mit "Materie" eine eigene Medienplattform.
Vorreiter in Sachen PR-Medienlandschaft ist die FPÖ, die mit ihren hauseigenen Medienprodukten alle relevanten Kanäle, wie Video-, Podcast- und Social Media-Plattformen, bedient. Zudem ging bereits 2009 unzensuriert.at auf Initiative des damaligen Nationalratspräsidenten Martin Graf (FPÖ) online. Mittlerweile lässt sich ein Netzwerk an weiteren rechten bis rechtsextremistischen Online-Portalen zum Medienuniversum zählen, das den Freiheitlichen inhaltlich und personell nahesteht, wie der vor Kurzem erschienene Bericht "Rechtsextremismus in Österreich 2023" (verfasst von der Stiftung Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstandes im Auftrag des Bundesministeriums für Inneres und des Bundesministeriums für Justiz) analysiert: Die Welt, die dort präsentiert wird, ist in ein klares Schwarz-Weiß getrennt, in Gut und Böse; zu finden ist ein Sammelsurium an Verschwörungserzählungen, Desinformation, antisemitischen und fremdenfeindlichen Inhalten sowie Wissenschaftsfeindlichkeit. Der Kanal AUF1 beispielsweise, entstanden zur Zeit der Corona-Pandemie, unterhält "ein enges Naheverhältnis zur FPÖ", liest man im Kapitel "Rechtsextreme Publizistik". Das Portal gilt mittlerweile als bevorzugtes Medium der FPÖ für "exklusive" Inhalte: etwa das erste Interview von Herbert Kickl nach der Nationalratswahl oder ein Interview mit Ungarns Ministerpräsident Viktor Orbán.
Nun fordert die FPÖ, dass Online-Kanäle wie diese zukünftig staatliche Förderungen erhalten sollen. Zudem kündigte sie an, ihre offiziellen Parteimedien auszubauen und in einem "freiheitlichen Medienhaus" zusammenzuführen. Gleichzeitig drohte sie Qualitätszeitungen mit der Streichung von Presseförderungen. Auch der ORF steht seit vielen Jahren im Visier.
Die Medienfreiheit in der Zweiten Republik war noch nie zuvor so akut bedroht, sagt Josef Trappel, Professor für Kommunikationspolitik und Medienökonomie an der Universität Salzburg. Er befürchtet einen "Kahlschlag in einer ohnehin schon hochkonzentrierten Medienlandschaft", wie er in einem Gastkommentar im "Standard" kürzlich schrieb.
Welche Veränderungen in der Medienwelt können tatsächlich drohen? Welche Rolle spielen parteinahe Kanäle in der öffentlichen Meinungsbildung? Woran können sich Medienkonsument:innen orientieren? Was bedeutet Pressefreiheit und welche Rahmenbedingungen braucht sie? Nach welchen Kriterien können Medienförderungen gestaltet werden?
Darüber spricht Marina Wetzlmaier mit Josef Trappel. Diskutieren Sie mit: Rufen Sie an unter 0800 22 69 79 (kostenfrei aus ganz Österreich) oder schreiben Sie ein E-Mail an punkteins(at)orf.at
Sendereihe
Playlist
Urheber/Urheberin: Myer
Titel: Speech Is Freedom; zT. unterlegt
Ausführender/Ausführende: Chang Ping; produziert von R.O.G.
Länge: 03:34 min
Urheber/Urheberin: Komponist: Myer
Titel: Introducing Chaos; zT. unterlegt
Ausführender/Ausführende: Bui Thanh Hieu; R.O.G.
Länge: 03:48 min
Urheber/Urheberin: Myer
Titel: Underground Radio; zT. unterlegt
Ausführender/Ausführende: Prachatai; produziert von R.O.G.
Länge: 03:52 min