Zwischenruf
Krieg und Frieden
von Karl-Reinhart Trauner, Militärsuperintendent der evangelisch-lutherischen Kirche in Österreich
2. Februar 2025, 06:55
"Krieg ist der Vater aller Dinge", ihr Urheber. Das hat nicht ein wahnwitziger Diktator gesagt, sondern der Philosoph Heraklit vor mehr als zweieinhalb Jahrtausenden. Irgendwie hat er damit gar nicht so unrecht. Tatsächlich sind viele Dinge, die wir tagtäglich nutzen, im Rüstungsbereich entwickelt worden. Wer denkt schon daran, dass das GPS bis heute eigentlich der Lenkung militärischer Flugkörper dient?
Wenn der Krieg der Urheber von allem ist, was ist dann der Friede? Und: Was bedeutet eigentlich "Krieg", was "Friede"? Das mittelhochdeutsche Wort "kriec" meint soviel wie "Anstrengung, Bemühen", aber auch "Streben nach oder gegen etwas". Einen Krieg beginnt man, weil man etwas "kriegen", "bekommen" will. Bis heute "bekriegt" ein Machthaber oder ein Staat einen anderen, weil er etwas "kriegen" will, Interessen hat. Es geht nicht nur darum, einen Krieg zu gewinnen, sondern auch durch den Krieg etwas zu gewinnen.
Im Gegensatz dazu bedeutet "Friede" - vom althochdeutschen "fridu" - "Ruhe, Harmonie, Beilegung einer Auseinandersetzung". Nach Frieden haben sich die Menschen seit jeher gesehnt, die heiligen Texte zahlreicher Religionen sind voll davon. Die Bibel stellt in Aussicht: Gott wird den Frieden irgendwann einmal schaffen; der Friede kommt, er rückt näher - aber er ist noch nicht da. - Was da ist, das ist die Sehnsucht.
Solange er noch nicht vollkommen ist, ist es eine Aufgabe der Menschen, den Frieden bestmöglich zu realisieren. Nach abendländischer Überzeugung ist bis heute der Schutz der Menschen, die in einem Staat leben, die vornehmste Aufgabe eines Staates. Dabei geht es um ein staatspolitisches Handeln, das verantwortlich die Auswirkungen politischer Handlungen breit im Blick hat.
Den kleinen Garten, den ich besitze, habe ich mit einem Gartenzaun geschützt; ihn "eingefriedet", wie man früher gesagt hat. Ich will ja meinen Frieden haben. In meiner Studentenwohnung, die im Erdgeschoß war, habe ich das eine, leicht zugängliche Fenster vergittern lassen. Schön war's nicht. Es hat genutzt, jedoch mich manchmal schon an ein Gefängnis erinnert. Friede hängt aber - schon von der Wortwurzel her - mit "frei" zusammen, Friede und Freiheit sind Geschwister.
Friede ist mehr als die Abwesenheit von Gewalt und Krieg: Gerechter Friede zielt auf nichts weniger ab als "auf die Anerkennung der Würde aller, auf die Achtung der Menschenrechte, auf nachhaltige politische, soziale und wirtschaftliche Entwicklung", wie es das "Sozialwort des Ökumenischen Rates der Kirchen in Österreich" formuliert (Art. 246). Daraus folgt: Es kann nicht Friede um jeden Preis das Ziel sein, sondern nur Friede in Gerechtigkeit.
Welche Rolle spielt dabei das Militär? In einem Papier der Evangelischen Kirche in Deutschland heißt es: Das Militär kann die Rahmenbedingungen schaffen für einen "gesellschaftlichen Prozess abnehmender Gewalt und zunehmender Gerechtigkeit" (EKD, 2007, Art. 80).
Für mich ist klar: Krieg mag der Urheber vieler Dinge sein, aber ein gerechter Friede ist der Urheber eines zu-frieden-en Lebens.
Sendereihe
Gestaltung
Playlist
Komponist/Komponistin: Karl Ratzer
Komponist/Komponistin: Ed Neumeister
Gesamttitel: Castles Made of Sound #02
Titel: Rattling/instr.
Solist/Solistin: Karl Ratzer /Gitarre
Solist/Solistin: Ed Neumeister /Posaune
Länge: 02:58 min
Label: PSI-Music