Jemand liegt auf einer Parkbank

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Radiokolleg

Körperhaltungen (1)

Vom Liegen

Wir sind nie ohne Haltung, nie ohne Körperhaltung. Darum erkennen Menschen sich auch aus den Augenwinkeln, am Gang, dem Bewegungsfluss und an den für sie typischen Haltungen; daran, wie sie liegen oder sitzen. Doch erst der aufrechte Gang unterscheidet uns von anderen Primaten. Heute sitzt der homo sapiens eher. Welche Auswirkungen und Bedeutungen haben die unterschiedlichen Körperhaltungen auf unsere physische und psychische Entwicklung?

Am Anfang des Lebens spielt sich alles in der Horizontalen ab. Wir schweben im Fruchtwasser des Mutterleibs und liegen nach der Geburt in den Armen unserer Eltern. Wir spüren den eigenen Körper noch nicht im Unterschied zum anderen, wachsen aber langsam in unsere eigenen Bewegungen hinein, drehen uns, heben den Kopf, können ihn schließlich selbst halten. Eltern, Entwicklungspsychologen, Hebammen und Kinderärzte erfahren und beobachten, wie sich der Säugling vom Liegen bis ins Sitzen, Stehen, Gehen entwickelt. Auch auf der Psychoanalysecouch ist sind Bewegungen und Körperspannungen wichtige Hinweise für den Therapeuten. Im Liegen sind wir weniger wach, sind eher unseren Fantasien und Gefühlen ausgeliefert als im Sitzen oder Stehen. Genau darum kann das Liegen andere Körper-Gefühle hervorbringen als im Sitzen. Im Sitzen sehen wir einander, können Mimik, Gestik, all die Bewegungen als Reaktionen des Anderen aufnehmen, vielleicht sogar kontrollieren. Und schließlich müssen wir liegen, wenn wir schwer krank sind. Die Palliativmedizin, vor allem Pflegekräfte, wissen, wie sie Menschen in Ausnahmesituationen bis hin zum Tod, begleiten. Aber das Liegen ist auch literarisches Sujet. im Liegen träumen wir. Davon erzählen Literaten wie Marcel Proust oder Franz Kafka. Die Poesie des Schlafes eröffnet uns die Welt unserer unbewussten Gedanken und Wünsche. Dann, wenn wir uns von den Außenreizen und dem Sehen und Beobachten verabschiedet haben.

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  • Katrin Mackowski