PICTUREDESK.COM/MINT IMAGES
Radiokolleg
Lechts und rinks - Das Comeback der Querfront (1)
Kapitalismuskritik und Impfskepsis
17. Februar 2025, 09:30
"Lechts und rinks kann man nicht velwechsern", dichtete Ernst Jandl Mitte der 1960er-Jahre. Um gleich darauf festzustellen: "Werch ein illtum!" Auf die Mesalliance von rechts und links, eine kreative Vermischung der Sphären, haben in der Weimarer Republik auch revolutionäre Nationalsozialisten und "nationale Bolschewisten" gesetzt. Eine Strategie, die unter dem Label "Querfront" bekannt wurde. Heute, im Zeitalter zunehmender politischer Verwirrtheit, erleben Querfront-Konzepte ein unerwartetes Comeback. Denn: Rechts und Links kann man sehr wohl verwechseln.
Sarah Wagenknecht tut es. Der Vortragsredner Daniele Ganser tut es. Und der Finanzsystemkritiker Andreas Popp tut es auch. Sie vermischen Kapitalismuskritik, Impfskepsis, Wissenschaftsfeindlichkeit und offenherzigen Antiamerikanismus mit einem offensiven Verständnis für den Putinschen Angriffskrieg in der Ukraine. Damit verfolgen diese Akteure eine Strategie, die seit den 1920er-Jahren als "Querfront" bekannt ist. Links- und rechtsradikale Positionen werden da zu einem ideologischen Amalgam gemixt.
Dass man links und rechts sehr wohl verwechseln kann, diese Erfahrung musste auch die kanadische Globalisierungskritikerin Naomi Klein machen. Eines Tages stellte die Aktivistin fest, dass sie immer öfter mit der dubiosen rechten Verschwörungs-Ideologin Naomi Wolf verwechselt wurde. Wie es dazu kommen konnte, untersucht Naomi Klein in ihrem aktuellen Buch - "Doppelgänger". Kleins Befund: Der populistischen Rechten sei es gelungen, ursprünglich linke Themen wie die Forderung nach sozialer Gerechtigkeit in eine reaktionäre, oft esoterisch unterfütterte "Spiegelwelt" zu verschieben. Dort werden diese Themen dann von Leuten wie Donald Trump und dem rechten Influencer Tucker Carlson erfolgreich bewirtschaftet.
Service
Radiokolleg-Podcast
Naomi Klein: "Doppelgänger - Eine Analyse unserer gestörten Gegenwart", aus dem Englischen von Peter Robert und Rita Seuß, S. Fischer, Frankfurt am Main, 496 Seiten, ISBN: 978-3-10-397644-1