![MAXIMILIAN PRAMATAROV Ensemble Linea bei Wien Modern 2024](/i/intro/84/39/84394a48f7d4f3196fa4c43c583b4022a14b966c.jpg)
MAXIMILIAN PRAMATAROV
Supernova
Ensemble Linea mit drei Komponistinnen
Wien Modern 2024. Klang und Körper, Zwang und Freiheit. Werke u.a. von Rebecca Saunders und Chaya Czernowin sowie einer Uraufführung von Clemens Gadenstätter
9. März 2025, 19:45
Klangkörper: So werden Ensembles und Orchester gerne genannt - vor allem dann, wenn ausgedrückt werden soll, dass die im musikalischen Zusammenwirken erreichte Farb- und Ausdruckspalette beim Hören zu einer Einheit verschmilzt. (Oder, Hand aufs Herz!, wenn man einfach statt der ständigen Wiederholung der Begriffe "Orchester" oder "Ensemble" endlich ein Synonym verwenden will .)
Klangkörper: Eine stattliche Reihe von ihnen, aus dem In- und Ausland kommend, geben sich traditionell auch bei Wien Modern die Klinke in die Hand, bereichern das Festival und verleihen dessen Leitlinien individuelle Schattierungen. Am 26. November 2024 war da etwa im Mozartsaal des Wiener Konzerthauses das Ensemble Linea aus Strasbourg unter der Leitung von Jean-Philippe Wurtz zu Gast - unter anderem mit den Werken von drei Komponistinnen. In "fury II" umgibt Rebecca Saunders einen zornigen Solo-Kontrabass (Louis Siracusa) mit einem neuen, ja, Klangkörper; Zeynep Toraman setzt mit "slow poem (v3)" den Schlusspunkt hinter eine Werkserie, die auf musikalischer Ebene zwischen Gedicht und Studie vermittelt; Chaya Czernowin verwandelt in "Knights oft he strange" eine Geschichte ihres damals vierjährigen Sohnes in Klänge.
Klangkörper: Das umschreibt aber auch das zugrundeliegende Thema von Clemens Gadenstätters neuem Werk "building bodies", das an diesem Abend in der Interpretation von Johanna Vargas (Stimme), Nico Couck (E-Gitarre) und dem Ensemble Linea unter Jean-Philippe Wurtz seine Uraufführung erlebt hat. "Der Körper ist Austragungsort verschiedener gesellschaftlicher und persönlicher Kämpfe", schreibt der Komponist dazu: "Gesellschaftlich akkordierte Körperbilder werden vom ersten Tag an in unseren Köpfen und in unserem Erleben so fest verankert, dass diese zu unserer korporalen Persönlichkeit werden. Wir machen den kollektiven Zwang zur Konformität zu unserem scheinbar ureigenen Sein, zu unserem geglaubterweise intimen Erleben. Gleichzeitig leben wir unseren Körper als einzigartigen und persönlichen."
Aber unser Körper ist auch, so Gadenstätter weiter, "ein Wahrnehmungsorgan" und "über den Nachvollzug des Wahrgenommenen - Stichwort embodyment - in den Verstehensprozess einbezogen." Das sei der Ausgangspunkt für sein Werk "building bodies", erklärt der Komponist: "Der Kunst bzw. der Musik ist es möglich, den Verstehensprozess, der diesen körperlichen Nachvollzug zur Voraussetzung hat, zum Gestaltungsprozess umzukehren und durch transformatorische Verschiebungen und Bearbeitungen ein anderes Erleben und Verstehen unserer Körperlichkeit zu ermöglichen. Körperempfindungen sind mit Klängen verbunden, Bewegungen mit Klanggesten." (Aufnahme vom 26. November 2024 aus dem Wiener Konzerthaus)
Service
Sendereihe
Gestaltung
- Walter Weidringer