
PICTUREDESK.COM/DPA PICTURE ALLIANCE/ILJA ENGER-TSIZIKOV
Gedanken für den Tag
Lebenskunst des Alltags: Lesen
von Frank Berzbach, Philosoph und Autor
10. März 2025, 06:57
In der westlichen Kultur steht das Lesen im Zentrum einer Idee tieferer Bildung. Die bedeutet, dass gute Lektüre prägenden, positiven Einfluss auf die Lesenden hat - einen Einfluss, der nicht durch andere Medien ersetzt werden kann.
Ein gut gestaltetes Buch mit zeitlosem Text kann durch gar nichts ersetzt werden. Über dieses Ideal der Lektüre sind sich Juden und Christen einig, europäische Aufklärer und auch Romantiker. Gerade deswegen wird in neoliberalen oder totalitären Staaten die Idee der literarischen Bildung belächelt, verspottet (oder gleich verboten). Niemand, der zu lesen versteht, wählt Antisemiten, Despoten oder Tyrannen an die Macht.
Auch der verstehende Bibelleser kann für eine autoritäre Kirchenhierarchie oder eine evangelikale autoritäre Herrschaft zum Problem werden. Heinrich Böll wies darauf hin, dass die Bibel ein gefährliches Buch bleibe. Wissen ist instrumentalisierbar, aber Bildung imprägniert. Trotz aller Skepsis, die nach den Bücherverbrennungen durch die Nazi-Studentenverbände in den 1930ern oder dem gegenwärtigen akademischen Woke-Antisemitismus geboten ist - ohne literarische Bildung keine höhere Bildung, ohne Buch in der Hand keine Demokratie oder Religion, ohne die Kenntnis Heiliger Schriften keine Nächstenliebe, ohne versenkende Lektüre kein Humanismus.
Wer sich für die Lebenskunst interessiert, der liest. Wie sonst über das Leben nachdenken, wenn nicht zurückgezogen und im stillen Zwiegespräch mit Vorbildern zwischen Augustinus und Julien Green, Edith Stein oder Simone Weil? Gehen Sie in die Buchhandlung, kaufen Sie ein Buch von Heimito von Doderer und alles das erklärt sich von selbst.
Service
Frank Berzbach, "Das Alphabet der Lebenskunst. Was dem Alltag Tiefe verleiht", Verlag bene! 2025
Podcast abonnieren
Sendereihe
Gestaltung
Playlist
Komponist/Komponistin: Johannes Brahms 1833 - 1897
Gesamttitel: Acht Klavierstücke op.76
Titel: Intermezzo op.76 für Klavier in a-moll - Moderato semplice (00:03:44)
Solist/Solistin: Justus Frantz
Länge: 01:10 min
Label: Teldec 843687