In der Grossen Halle des Volkes: Eröffnung des Nationalen Volkskongresses in Peking, 2024

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Punkt eins

China warnt vor dem "Gesetz des Dschungels"

Neue Signale aus China nach der Volkskongress-Tagung. Gast: Prof. Dr. Heribert Dieter, Ökonom, Stiftung Wissenschaft und Politik in Berlin. Moderation: Alexander Musik. Anrufe 0800 22 69 79 | punkteins(at)orf.at

Am Dienstag ab 15 Uhr (Ortszeit) trafen sich die 2.977 Delegierten in der Pekinger Großen Halle des Volkes zur Abschlusssitzung der 3. Tagung des 14. Nationalen Volkskongresses. Der Kongress setzt sich aus Abgeordneten der 23 Provinzen (wozu aus chinesischer Sicht auch Taiwan gehört), autonomen Regionen, regierungsunmittelbaren Städten, der Sonderverwaltungszonen Hongkong und Macau sowie einer Delegation der Volksbefreiungsarmee zusammen und hat wie jedes Jahr über die Leitlinien der Kommunistischen Partei Chinas unter Staat- und Parteichef Xi Jinping "abgestimmt".

In Wahrheit freilich werden die Parteivorgaben schlicht abgenickt: die geplante Steigerung des Militärbudgets um 7,2 Prozent, ein Wirtschaftswachstum von 5 Prozent, die Schaffung von 12 Millionen Arbeitsplätzen, um nur einige wichtige Kennzahlen zu nennen.

Wie China seine ambitionierten Ziele angesichts der volatilen Weltlage erreicht will, ist fraglich: Der Handelskrieg mit Donald Trumps USA schlägt immer wieder neue Kapriolen aus angekündigten Zöllen auf Produkte chinesischer Herkunft, gefolgt von chinesischen Gegenzöllen auf US-Waren. Damit nicht genug: Trump plant zudem Gebühren für in China gebaute oder unter chinesischer Flagge fahrende Schiffe, die in US-Häfen anlegen wollen.

Chinas Außenminister Wang Yi hat die Außenpolitik der USA kritisiert und Washington vor Handelsstreitigkeiten gewarnt. Wenn jedes Land sich selbst sowie seinen Ansichten über Macht und Status Vorrang einräume, werde die Welt "zum Gesetz des Dschungels" zurückkehren, so Wang vor dem Volkskongress: "Kein Land sollte sich einbilden, dass es China unterdrücken und gleichzeitig gute Beziehungen zu China unterhalten kann", sagte Wang. "Solche doppelzüngigen Handlungen sind nicht gut für die Stabilität der bilateralen Beziehungen oder für den Aufbau gegenseitigen Vertrauens."

Wo bleibt angesichts dieses bedrohlich an die Wand gemalten "Gesetz des Dschungels" Europa? Zwischen der EU und China werden Waren im Wert von 800 Milliarden Euro jährlich gehandelt - an erster Stelle Autos und Telekommunikation. Die EU erhebt selbst so genannte Ausgleichszölle auf die Einfuhr von E-Autos aus China in Höhe von bis zu 35,3 Prozent, um auf Chinas, wie es heißt, unfaire Subventionen dieser Autos zu reagieren. Eine der Folgen: China baut Kfz-Fabriken nun gleich in Europa, um diese Zölle zu umgehen.
Gleichwohl wollen Beobachter auf der Münchener Sicherheitskonferenz im Februar eine Charmeoffensive der Chinesen gesehen haben - das Europa-Bashing durch die USA habe China für sich genutzt und sich als stabilen Partner präsentiert - auch, wenn es um Frieden in der Ukraine gehe.

Wohin driftet China nach Ende des heurigen Volkskammerkongresses? Welche Rolle spielt Europa im Drehbuch von Staatschef Xi Jinping? Und wie steht es um das Verhältnis Xis zu seinem - laut chinesischem Staatsfernsehen CCTV - "besten Freund" Wladimir Putin?

Alexander Musik spricht mit dem Ökonomen Prof. Dr. Heribert Dieter von der Stiftung Wissenschaft und Politik in Berlin über die Ernsthaftigkeit der Signale aus China und ein autokratisches System, das weiterhin auf Aufrüstung setzt, aggressive Absichten jedoch bestreitet.

Wie immer sind Sie eingeladen, sich an der Sendung zu beteiligen. Kostenlos aus ganz Österreich können Sie uns unter 0800 22 69 79 erreichen; oder Sie schreiben uns ein Mail an punkteins(at)orf.at

Sendereihe

Gestaltung

  • Alexander Musik