Punkt eins

Das System der Überstunden

Zu viel Arbeit und Flexibilität, zu wenig Personal: vom Umgang mit Überstunden und Mehrarbeit. Gast: Univ.-Prof.in Dr.in Susanne Auer-Mayer, Vorständin des Instituts für Österreichisches und Europäisches Arbeitsrecht und Sozialrecht, Wirtschaftsuniversität Wien. Moderation: Marina Wetzlmaier. Anrufe 0800 22 69 79 | punkteins(at)orf.at

Wenn die Aufträge nicht in der regulären Arbeitszeit bewältigbar sind, man für eine kranke Kollegin einspringen muss oder es generell an Personal fehlt, fallen Überstunden schnell an. Ebenso durch die vermeintlich nur wenigen Minuten mehr, die man im Büro bleibt, Aufgaben, die man noch schnell erledigt oder E-Mails, die es dringend zu beantworten gilt. Viele Branchen kommen ohne Überstunden nicht mehr aus, etwa die Polizei.

Diese Mehrdienstleistungen sollen jedoch aufgrund von Sparmaßnahmen reduziert werden, wie es kürzlich auf Anordnung des Innenministeriums hieß. Vertreter der Polizeigewerkschaft befürchten, dass sich die Situation dadurch verschärft. Vor allem in Wien klagt die Polizeigewerkschaft seit Jahren über Personalmangel und eine hohe Belastung der bestehenden Kolleg:innen: Die Polizistinnen und Polizisten der Landespolizeidirektion Wien kamen 2024 auf insgesamt 2,18 Millionen Überstunden. Immer mehr würden aus dem Beruf ausscheiden, da sie nicht mehr bereit seien, derart viele Überstunden zu leisten.

Überlange Arbeitszeiten belasten auf Dauer die Gesundheit. Auch die Buslenker:innen seien am Limit, wie eine Studie der Universität Wien zeigt. Ein Drittel der befragten Buslenker:innen macht fast täglich Überstunden. Das größte Problem ist auch in dieser Branche der Personalmangel, weshalb eine Verbesserung der Arbeitsbedingungen gefordert wird. Dienste von bis zu 15 Stunden, eng getaktete Fahrpläne und mangelnde Infrastruktur, wie etwa fehlende Toiletten für die Fahrer:innen, seien nicht zumutbar.

In der Pflege sind Überstunden ebenfalls nicht mehr wegzudenken. Der Wunsch nach weniger Arbeitszeit sei unter ihren Kolleg:innen groß, schildert eine Betriebsrätin in einem Krankenhaus. Viele Pflegefachkräfte in ihrem Betrieb würden zwar in Teilzeit arbeiten, werden aber generell zu mehr Stunden eingeteilt. Sie werden auch häufiger angefragt, wenn es darum geht, einzuspringen. Oft geschieht das kurzfristig, was die Planbarkeit von Freizeit oder anderen Verpflichtungen schwierig mache. Die Überstunden durch Zeitausgleich wieder abzubauen, sei oft nicht möglich.

Aus Sicht der Unternehmen sind Überstunden ein notwendiges Mittel, um kurzfristige Ausfälle oder auftragsintensive Phasen zu bewältigen. Arbeitsverhältnisse werden zudem durch Gleitzeit, Kurzarbeit, Arbeit auf Abruf, Überstundenpauschale und All-in-Verträge immer flexibler. Laut der Arbeiterkammer arbeitet nur noch ein Drittel der vollzeitbeschäftigten Arbeitnehmer:innen in Österreich mit klaren Arbeitszeiten.

Das Thema Arbeitszeiten sei sehr komplex, bestätigt Susanne Auer-Mayer, Leiterin des Instituts für Österreichisches und Europäisches Arbeitsrecht und Sozialrecht der Wirtschaftsuniversität Wien. Woran können sich Beschäftigte orientieren? Muss man Überstunden machen? Was ist zumutbar, wo liegen Grenzen? Wie können angesichts von Personal- und Ressourcenknappheit dennoch die Interessen von Unternehmen und Beschäftigten vereinbart werden?

Darüber spricht Marina Wetzlmaier mit Susanne Auer-Mayer und Vertreter:innen aus unterschiedlichen Branchen. Diskutieren Sie mit und berichten Sie von Ihren Erfahrungen! Rufen Sie an unter 0800 22 69 79 (kostenfrei aus ganz Österreich) oder schreiben Sie ein E-Mail an punkteins(at)orf.at

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