Zwischenruf
"Vom Glauben zum Widerstand verpflichtet"
Militärsuperintendent Karl-Reinhart Trauner zum 80. Todestag von Dietrich Bonhoeffer am 9. April
6. April 2025, 06:55
"Von guten Mächten treu und still umgeben,
behütet und getröstet wunderbar,
so will ich diese Tage mit euch leben
und mit euch gehen in ein neues Jahr."
Dietrich Bonhoeffer hat das geschrieben. Ich kenne den Text seit meiner frühen Jugend, und er hat mich immer schon berührt. Erst später habe ich den Hintergrund des Textes erfahren:
Der evangelische Theologe Bonhoeffer hat ihn im Dezember 1944 als Weihnachtsgruß aus der Haft an seine Verlobte Maria von Wedemeyer geschrieben. Etwa 1½ Jahre zuvor ist er von den Nationalsozialisten eingesperrt worden, weil er offen gegen sie aufgetreten ist und auf ihre Verbrechen hingewiesen hat. Schon 1933, als die Verfolgung von Jüdinnen und Juden begann, sie also - umgangssprachlich - unters Rad gekommen sind, hat er dafür plädiert - ich zitiere ihn -, "nicht nur die Opfer unter dem Rad zu verbinden, sondern dem Rad selbst in die Speichen zu fallen".
Die Eckdaten seines Lebens können knapp umrissen werden: geboren 1906, Studium, danach bei der Bekennenden Kirche, die sich entschieden gegen den Nationalsozialismus wandte, 1940 Redeverbot, im Jahr darauf Schreibverbot, er schloss sich der politischen Widerstandsbewegung an, Verlobung im Jänner 1943, drei Monate später verhaftet, mit dem Juli-Attentat 1944, bei dem Stauffenberg Hitler umbringen und ein neues Deutschland errichten wollte, in Verbindung gebracht.
Das entschiedene Eintreten gegen Tyrannei und Unrecht sind bis heute beeindruckend. Für die anderen Gefangenen und selbst seine Gefängniswärter war es auch Bonhoeffers Haltung. Er schreibt darüber:
"Wer bin ich? Sie sagen mir oft,
ich träte aus meiner Zelle
gelassen und heiter und fest
wie ein Gutsherr aus seinem Schloss."
So sehen ihn die anderen; er selbst hat Zweifel und schreibt:
"Bin ich das wirklich, was andere von mir sagen?
Oder bin ich
Unruhig, sehnsüchtig, krank, wie ein Vogel im Käfig,
ringend nach Lebensatem, als würgte mir einer die Kehle,
"
Luther hat einmal von getroster Verzweiflung gesprochen, bei Bonhoeffer findet sich das in Reinkultur! Heute wird ihm wegen seinem Mut, gegen politisches Unrecht aufzutreten, weltweit Anerkennung entgegengebracht; unabhängig von der jeweiligen religiösen Anschauung. Bonhoeffer war politisch widerständig bis zur letzten Konsequenz. Er sah sich politisch und durch seinen Glauben dazu berechtigt, mehr noch: verpflichtet. Für viele Gläubige ist Bonhoeffer ein Heiliger, ein Vorbild des Glaubens, wie ihn die Evangelische Kirche in Deutschland nennt.
Bonhoeffer wurde am 9. April 1945 im KZ Flossenbürg in Bayern hingerichtet. Das war eine Woche nach Ostern. Wenige Tage also nach dem Fest, das zum Inhalt hat: das Leben ist stärker als der Tod.
"Von guten Mächten wunderbar geborgen,
erwarten wir getrost, was kommen mag.
Gott ist bei uns am Abend und am Morgen
und ganz gewiß an jedem neuen Tag."