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Menschenbilder
Wolfgang Herbert. Karateka und Kulturanthropologe in Japan
Von Bregenz nach Tokushima. Wolfgang Herbert - zwischen Kampfkunst, Philosophie und Sozialwissenschaft
6. April 2025, 14:05
Seit seiner Jugend praktiziert Wolfgang Herbert, geboren 1960 in Bludenz, aufgewachsen in Bregenz, Karate - und er hat, auch deshalb, als erster deutschsprachiger Forscher die Unterwelt der japanischen Yakuza kennengelernt. Als Soziologe erkundete er verborgene Seiten der japanischen Gesellschaft, in teilnehmender Beobachtung im Alltag von Tagelöhnern und Gastarbeiterinnen wie Angehörigen der kriminellen - oder "ritterlichen" - Vereinigung der Yakuza.
Wolfgang Herbert hat zunächst Religionswissenschaften und Philosophie studiert, danach Japanologie im Hauptfach. Nach Lehraufträgen und Gastprofessuren an japanischen und europäischen Universitäten wurde er Professor für vergleichende Kulturwissenschaften an der Universität Tokushima auf der Insel Shikoku. In diesem Frühjahr emeritiert er aus dieser Funktion.
Von der Kunst der Tätowierung, Randgruppen der japanischen Gesellschaft bis zu philosophischen und spirituellen Fragen reichen die Themen, die Wolfgang Herbert in wissenschaftlichen Arbeiten und Büchern dargestellt hat: "Japan nach Sonnenuntergang. Unter Gangstern, Illegalen und Tagelöhnern", "Japans Unterwelt. Reisen in das Reich der Yakuza", "Buddha, Zen und Achtsamkeit", "Mein Indien. Reisenotizen, Meditationen, philosophische Exkursionen".
In zahlreichen Veröffentlichungen geht Wolfgang Herbert den Bedeutungen und Funktionen fernöstlicher Kampfkünste nach: Selbstschutz und Kriegsführung, dabei aber auch Selbstkultivierung. Kampfkünste dien(t)en der Mobilisierung spiritueller Mächte und zugleich der Gesundheit - in einem weiten Sinn, nämlich der Harmonisierung von innerer Energie und größerem Gleichgewicht, Mikro- und Makrokosmos.
Seit rund fünfzig Jahren trainiert und unterrichtet Wolfgang Herbert Karate in der "harten" Variante Shôtôkan, derzeit im 6. Dan bzw. Grad, außerdem das "weiche" Tàijíquán (Tai Chi) im Yang-Stil, weiters Zen, Yoga, und QiGong. In seinem jüngsten Buch "Von Shaolin bis Shôtôkan" zeichnet er die Entwicklung des Karate nach - von den Ursprüngen in einer Zeit, als Religion, Politik, Recht und Medizin noch nicht getrennte Felder waren, bis zur Gegenwart. Unter anderem beschäftigt ihn selbst die Frage, wie man Karate und andere Kampfkünste auch im Alter und als spirituellen Weg ausüben kann.