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Punkt eins
Zum Jubiläum: Die Instanz der modernen Physik
Über die bahnbrechenden Leistungen des Physikers Wolfgang Pauli und sein von Anekdoten umwobenes Leben. Gast: ao. Univ. Prof. i.R. Gerhard Ecker, Theoretischer Physiker, Fakultät für Physik der Universität Wien. Moderation: Barbara Zeithammer. Anrufe 0800 22 69 79 | punkteins(at)orf.at
24. April 2025, 13:00
Wie Atome aufgebaut sind, dass es ein Neutrino geben muss, warum chemische Bindungen und Magnetismus funktionieren und die moderne Technik vom Transistor über Satelliten bis zum Quantencomputer: Wolfgang Pauli ist untrennbar mit bahnbrechenden Erkenntnissen der modernen Physik und vielfältigen Anwendungen verbunden, die heute unseren Alltag prägen. Vor 125 Jahren am 25. April wurde er geboren, vor 100 Jahren eröffnete er mit dem Pauli-Prinzip das annus mirabilis der Quantenmechanik und vor 80 Jahren wurde er mit dem Nobelpreis ausgezeichnet - mehr als genug Gründe für eine neue Biographie und ein Gespräch über den von Anekdoten umwobenen, schillernden Wissenschaftler, der als das "Gewissen der Physik" in die Forschungsgeschichte eingegangen ist.
"Wer dieses reife und groß angelegte Werk studiert, möchte nicht glauben, dass der Verfasser ein Mann von einundzwanzig Jahren ist", schrieb Albert Einstein über jenen noch heute als Einführung empfohlenen "Encyklopädieartikel" Paulis über die Allgemeine Relativitätstheorie. Drei Jahre später gelang Pauli der Durchbruch in der damals großen Frage nach dem Aufbau von Atomen und 1925 erschien seine Arbeit über das Ausschließungsprinzip (später Pauli-Prinzip), für das er 1945 mit dem Physik-Nobelpreis ausgezeichnet wurde.
1930 schrieb Wolfgang Pauli erneut Wissenschaftsgeschichte in einem kleinen Kreis per Brief an die "lieben Radioaktiven Damen und Herren", als er die Existenz eines neuen Teilchens postulierte. Typisch Pauli, die Brief-Form, sagt Gerhard Ecker, Universitätsprofessor i.R für Theoretische Physik an der Universität Wien, der gerade an einer Pauli-Biographie arbeitet: "Es gibt nur etwa 90 Publikationen von ihm, damit kann man heute fast keine Professur bekommen". Doch über 2.000 wissenschaftliche Briefe sind von Pauli erhalten, die ihn als kritischen, scharfzüngigen und humorvollen Menschen erscheinen lassen und unbestritten als Perfektionist. Er war eine kritische Instanz der modernen Physik, sagt Gerhard Ecker.
Erst 1933, nach drei Jahren gründlicher Forschungen, stellte Pauli das schließlich Neutrino genannte Teilchen öffentlich vor: "Heute habe ich etwas Schreckliches getan, etwas, was kein theoretischer Physiker jemals tun sollte. Ich habe etwas vorgeschlagen, was nie experimentell verifiziert werden kann." 1956 gelang unter großen Anstrengungen der experimentelle Nachweis des Neutrinos und Pauli löste seine Wettschulden ein, eine Kiste Champagner. Das Neutrino, erst jüngst in der Tiefsee geblitzt, gibt auch heute Rätsel auf. Die ETH Zürich und Princeton waren Paulis Wirkungsstätten; auch auf dem Gebiet der Quantenfeldtheorie leistete er wegweisende Arbeit und er war an der Gründung des CERN beteiligt. Am 15. Dezember 1958 starb er überraschend an Bauchspeicheldrüsenkrebs.
Über Paulis Persönlichkeit, sein Leben, Forschen und Wirken sind eine Reihe amüsanter und bemerkenswerter Anekdoten überliefert, die man sich schon zu seinen Lebzeiten erzählte, beispielsweise der berüchtigte Pauli-Effekt, das sogenannte "Zweite Paulische Ausschließungsprinzip": "Es ist unmöglich, dass sich Wolfgang Pauli und ein funktionierendes Gerät im gleichen Raum befinden" (nach Herbert Pietschmann).
"Weniger bekannt als seine markanten Sprüche ist die Tatsache, dass Pauli auch ein sehr hilfsbereiter Mensch war", sagt Gerhard Ecker, "der sich besonders in der Zeit von Nazi- und Sowjetterror für seine gefährdeten Kolleg:innen einsetzte. Allerdings hängte er seine Interventionen nicht an die große Glocke."
In Punkt eins erzählt Gerhard Ecker als Gast bei Barbara Zeithammer vom Leben und Wirken des einflussreichen Physikers Wolfgang Pauli und beschreibt seine zentralen Forschungsleistungen. Sein Buch "Wolfgang Pauli -- Die kritische Instanz der modernen Physik" erscheint in den nächsten Monaten in der Reihe Essentials des Springer-Verlags.
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"Quantenforschung und -technologie stehen im Mittelpunkt der bahnbrechendsten Innovationen des 21. Jahrhunderts und berühren jeden Aspekt der modernen Wissenschaft und Technologie" - deshalb und anlässlich des 100-Jahr-Jubiläums fundamentaler Erkenntnisse zur Quantenphysik hat die UNESCO das Internationale Jahr der Quantenforschung und -technologie IYQ2025 ausgerufen. In Punkt eins stehen daher heuer immer wieder Aspekte historischer wie gegenwärtiger Quantenforschung aus Österreich im Mittelpunkt.
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Das Buch "Wolfgang Pauli -- Die kritische Instanz der modernen Physik" von Gerhard Ecker erscheint in den nächsten Monaten in der Reihe Essentials des Springer-Verlags.
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- Barbara Zeithammer