Punkt eins

Polen wählt: Was auf dem Spiel steht

Bringen die Präsidentschaftswahlen ein Ende der PiS-Blockade? Gast: Dr. Krzysztof Wojciechowski, Autor, Philosoph, Soziologe, Mitbegründer und langjähriger Direktor des Collegium Polonicum an der Europa-Universität Viadrina, Frankfurt/Oder. Moderation: Alexander Musik. Anrufe 0800 22 69 79 | punkteins(at)orf.at

30 Millionen Wahlberechtigte sind am Sonntag aufgerufen, in Polen einen neuen Staatspräsidenten zu wählen - und damit möglicherweise ein Ende der politischen Blockade einzuläuten. Denn der amtierende PiS-("Partei für Recht und Gerechtigkeit")-nahe Präsident, Andrzej Duda, machte immer wieder von seinem Vetorecht Gebrauch und verweigerte missliebigen Gesetzesvorhaben der pro-europäischen Mitte-Links-Regierung unter Donald Tusk seine Unterschrift. So wurde aus Tusks Wahlversprechen wie etwa der Wiederherstellung der Rechtsstaatlichkeit im Justizwesen oder der Reform des Abtreibungsrechts bisher nichts.

Am 18. Mai und bei der wahrscheinlichen Stichwahl am 1. Juni geht es also um viel - nämlich um die Bestätigung oder Ablehnung des Kurses von Regierungschef Donald Tusk, der das Land seit Dezember 2023 führt, nach acht Jahren nationalkonservativer PiS-Regierung, die ihre "Errungenschaften", wie sie es nennt, keinesfalls kampflos aufgeben will.

Den Umfragen zufolge wird der Kampf um das Präsidentenamt zwischen Rafal Trzaskowski, dem Oberbürgermeister von Warschau und Kandidaten der Regierungskoalition, und dem nationalkonservativen Karol Nawrocki, einem Historiker aus Danzig und Leiter des Instituts für nationales Gedenken, entschieden. Falls es nicht Slawomir Mentzen von der rechtsextremen Partei "Konfederacja" gelingt, mehr Wähler als prognostiziert für seine gerne per TikTok verlautbarten Parolen zu gewinnen, die er einmal folgendermaßen zusammengefasst hat: "Wir wollen keine Juden, keine Homosexuellen, keine Abtreibungen, keine Steuern und keine EU."

Sicherheit ist das große Thema im NATO-Land Polen, das seine Wehrhaftigkeit wie wohl kein ein anderes EU-Land zur Schau stellt. Schließlich sind NATO-Waffensysteme wie etwa Patriot-Abwehrraketen auf polnischem Boden stationiert. Polen ist logistisch von großer Bedeutung bei der Versorgung der Ukraine mit Waffen.

Welcher Kandidat ist nun besser geeignet, um den Drohgebärden aus Russland die Stirn zu bieten? Der polyglotte, urbane EU-Sympathisant Rafal Trzaskowski oder der Amateurboxer Karol Nawrocki, der dezidiert katholische Werte in seinen Wahlkampf integriert und damit besonders viele Wähler und Wählerinnen in Dörfern und Kleinstädten anspricht. Sie entscheiden schließlich die Wahl.

Und dann sind da noch die knapp eine Million ukrainischer Flüchtlinge, die sich in Polen aufhalten. Die euphorische Stimmung, mit der sie zu Beginn des Krieges 2022 aufgenommen wurden, hat sich gewandelt. Nun steht immer mehr die wirtschaftliche Belastung und die Konkurrenz auf dem Arbeitsmarkt im Mittelpunkt der Debatte, die sich auch im Wahlkampf widerspiegelt, allerdings anders als erwartet: Die Forderung nach einem Ausschluss der ukrainischen Flüchtlinge vom Kindergeld ist eine der wenigen Forderungen, die fast alle Parteien in Polen verbindet, schreibt die Warschau-Korrespondentin der Deutschen Welle, Monika Sieradzka.

Alexander Musik spricht mit dem Philosophen und Soziologen Dr. Krzysztof Wojciechowski über das Stadt-Land-Gefälle in Polen, die drängendsten Probleme und die Antwort der Präsidentschaftskandidaten auf diese Probleme.

Welche Erfahrungen haben Sie in Polen gemacht? Wie haben acht Jahre PiS-Politik Polen gezeichnet? Welche Rolle spielt die katholische Kirche?

Wie immer sind Sie eingeladen, sich an der Sendung zu beteiligen. Kostenlos aus ganz Österreich können Sie uns unter 0800 22 69 79 erreichen; oder Sie schreiben uns ein Mail an punkteins(at)orf.at

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  • Alexander Musik