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Radiokolleg
Martin Heidegger - der "heimliche König der Philosophie" (2)
Heidegger weiter denken
27. Mai 2025, 09:05
Spätestens seit dem Erscheinen seiner Denktagebücher "Schwarze Hefte" im März 2014, ist eine Debatte darüber entbrannt, wie Heideggers nationalsozialistische Phase in den 1930er Jahren zu deuten ist. Denn Heidegger hoffte 1933 tatsächlich als Philosoph den "Führer" Adolf Hitler führen zu können. Ein schwerwiegender Irrtum, wie sich bald herausstellen sollte. 1934 legte er ernüchtert sein Rektorat an der Freiburger Universität vorzeitig wieder zurück. Doch der Schaden war angerichtet. Öffentlich schwieg er darüber. Diese private Verirrung führte dazu, dass Heidegger nach dem Krieg in Deutschland verfemt war. Es waren seine Schülerin Hannah Ahrendt, aber auch viele namhafte französische Denker wie Jean-Paul Sartre und Jean-Luc-Nancy, die ihn rehabilitierten. Sie riefen auf, sich mit Heideggers Philosophie wieder zu beschäftigen und ihn kritisch weiter zu denken. Zu wichtig sei sein Philosophieren für die Gegenwart.
Denn schon lange vor der Digitalisierung warnte Heidegger vor den Gefahren einer - auf einem rein berechnenden Denken fokussierten - Verobjektivierung der Welt. Die moderne Technik sieht er nicht nur als Mittel zur Effizienzsteigerung, die er in Teilen auch gutheißen kann. Seine Kritik gilt der Technik als dominante Weltanschauung, die alles nur als Ressource betrachtet. Diese Sichtweise führt dazu, dass die Dinge nicht mehr in ihrem eigenen Sein wahrgenommen werden, sondern nur noch etwas gelten, wenn sie nützlich und funktional sind. Heidegger zeigt, wie diese Reduktion den Menschen zu einem bloßen Werkzeug in einer technisierten Welt macht. In dieser Weltsituation sind wir heute. Wir leben mit den Folgen dieses Entfremdungsprozesses des Menschen sich selbst und der Welt gegenüber: Der Verlust von Identität und Gemeinschaft auf der sozialen Ebene, Naturzerstörung, Biodiversitätsverlust und Klimawandel auf der planetaren Ebene.