Thomas Müntzer und der Sozialismus

31. Mai 2025, 06:57

Die Erinnerung an Thomas Müntzer ist für mich mit den 1970er Jahren, mit der Proletenpassion der Schmetterlinge, die mit dem Bauernkrieg beginnt, und mit Dieter Fortes heiß diskutiertem Theaterstück "Martin Luther und Thomas Müntzer" verbunden.

In der DDR galt Müntzer im Gefolge von Friedrich Engels und Ernst Bloch als der Anführer der frühbürgerlichen Revolution, der Vorläufer des Sozialismus. Die Freikirchen in Österreich wieder erinnern heute an die Entstehung der Täuferbewegung im Zuge des Bauernkrieges vor 500 Jahren und namentlich an Balthasar Hubmair, der in Wien mit seiner Frau Else als Täufer hingerichtet worden ist. In Mühlhausen schließlich wurde Albrecht Dürers Entwurf des Bauernkriegsdenkmals realisiert und vor wenigen Wochen aufgestellt. Es zeigt auf einer hohen Säule einen besiegten Bauern, der von einem Schwert durchbohrt wird, und erinnert an Darstellungen des leidenden Christus. Also ein vielfältiges Erinnern an Müntzer und den Bauernkrieg und zum Glück kein pauschales Schwarz-Weiß mehr, sondern differenziert und begleitet von kritischer Wissenschaft.

Mir ist besonders sympathisch, dass im Bundesstaat Chiapas im Süden Mexikos Anfang der 1990er Jahre ein Dorf einen neuen Namen bekommen hat. Es heißt "Primer Agrarista Tomás Munzer". Ein "Agrarista" setzt sich für eine gerechte Landverteilung ein. Benachbarte Ortschaften sind nach Emiliano Zapata und Bartolomé de Las Casas benannt, und mit ihnen steht also Thomas Müntzer dort, die "rote Mondblume auf dem steinigen Acker der Christenheit", für die Rechte der einfachen Menschen, und das nicht nur in Mexiko.

Freiheit und Demokratie, auf Basis der Grundrechte wie Religions-, Glaubens- und Meinungsfreiheit, sind nicht vom Himmel gefallen. Sie mussten erstritten und leider oft auch blutig erkämpft werden. Und damit sie auch morgen gelten, ist es gut, heute an ihre Geschichte zu erinnern.

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