Birgit Minichmayr

KATARINA SOSKIC

Intermezzo - Künstlerinnen und Künstler im Gespräch

Kauderwelsch statt Burgtheaterdeutsch

Birgit Minichmayr zu Gast bei Christine Scheucher

Sie zählt zu den großen Charakterdarstellerinnen ihrer Generation, ist Ensemblemitglied des Wiener Burgtheaters und verkörperte auf der großen Leinwand zuletzt die eigenwillige Malerfürstin Maria Lassnig. Derzeit widmet sich Birgit Minichmayr einer Persönlichkeit, die für die österreichische Kulturlandschaft nicht minder bedeutend, wenn auch umstrittenen ist.

In Milo Raus Inszenierung von Elfriede Jelineks "Burgtheater" schlüpft Birgit Minichmayr in die Rolle der Käthe (Paula Wessely) und schraubt sich in die hysterischen Exzesse der politischen Entgleisung ein. "Wenn man's in Wien aufführt, wird es sicher der größte Theaterskandal der Zweiten Republik", sagte Elfriede Jelinek 1981, als sie das Stück "Burgtheater" verfasste. In jener Dekade hatte das Theater eine Wirkmacht, die es mittlerweile längst verloren hat.

Die böse Posse mit Gesang wurde 1985 in Bonn uraufgeführt und brachte Jelinek, das betont sie selbst immer wieder, den Ruf der Nestbeschmutzerin ein. In "Burgtheater" beschäftigt sich die spätere Literaturnobelpreisträgerin mit den Verstrickungen des Hörbiger-Clans in das NS-Regime. Bis in die 1980er Jahre genoss die Schauspielerdynastie in Österreich beinahe royalen Status. Paula Wessely, Attila Hörbiger und Paul Hörbiger gehörten nicht nur im Dritten Reich zu den Bestverdienern ihres Fachs. Auch in der Zweiten Republik konnten sie nahtlos an ihre früheren Erfolge anknüpfen.

Im Theater am Bahnhof fand 2005 die österreichische Erstaufführung von "Burgtheater" statt. Abgesehen davon war "Burgtheater" in Österreich 40 Jahre gesperrt. Nun bringen die Wiener Festwochen Jelineks bitterböse Satire, die in einem mitunter schwer verständlichen Kunstdialekt verfasst ist, auf jene Bühne, für die es geschrieben wurde.

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