Gerti Kappel und Martin Kandlhofer

ORF/ELISABETH SCHARANG

Science Arena

Über wieviel digitale Kompetenz verfügen wir?

These trifft auf Erfahrung. Digitalisierte Lebenswelt: Über wieviel digitale Kompetenz verfügen wir?

Digitalisierte Lebenswelt: Über wieviel digitale Kompetenz verfügen wir?
Die neue Regierung legt im Regierungsprogramm einen Fokus auf Digitalkompetenz. Aber was bedeutet das in der Praxis und was weiß die Wissenschaft darüber? Diese Fragen diskutiert Elisabeth Scharang in der Gesprächsreihe "These trifft auf Erfahrung" mit ihren Gästen.

Nur weil die Mehrheit der Menschen täglich das Handy nutzt, heißt das nicht, dass wir über digitale Kompetenz verfügen. Laut dem Digital Skill Barometer überschätzen die Österreicher:innen ihr digitales Wissen und zudem zeigt die EU-Studie der IEA, der International Association of Educational Achievment, dass das überraschenderweise keine Generationenfrage ist: es betrifft jung wie alt. Man müsse sich vom Narrativ der "digital natives" verabschieden und zur Kenntnis nehmen, dass mehr als einem Drittel der Schüler:innen der vierten Klasse Mittelschule oder AHS die Basics im Umgang mit Computer und Internet fehle, lautet die Analyse der Expert:innen.

In Österreich fehlen derzeit 28.000 IT-Fachkräfte

Die österreichische Wirtschaft verliert durch die fehlenden Fachkräfte im IT-Bereich laut der WKO jährlich 32 Mio Euro. Gerti Kappel, Dekanin der Fakultät für Informatik an der TU Wien, formuliert es in klaren Worten: "Wir brauchen eine gründliche Informatikausbildung, um aufzuschließen. Ein Drittel der 14-Jährigen verfügt über eine geringe digitale Kompetenz, d.h. diese Schüler:innen können am Computer nur absolute Routineaufgaben unter Anleitung lösen und haben Probleme, die Vertrauenswürdigkeit von Quellen einzuschätzen." Die Forderung von Expert:innen wie Gerti Kappel ist ein maturawertiges Pflichtfach Informatik in der AHS-Oberstufe. "Wir haben 60% Mädchen in den Gymnasien. Wenn Schüler:innen Informatik nicht als Fach in der Schule haben, dann studieren sie auch nicht Informatik. Wenn wir es also nicht schaffen, Mädchen frühzeitig für Informatik zu interessieren, verzichten wir auf 50% der verfügbaren Talente."

Wie wird digitale Kompetenz definiert

Bislang gibt es in Österreich in der AHS nur 2 Stunden Pflichtfach Informatik in der 9ten Schulstufe. Martin Kandlhofer arbeitet im Bereich Forschung, Innovation und internationale Projekte an der Österreichischen Computer Gesellschaft (OCG). Er beschäftigt sich mit der Entwicklung, Umsetzung und Evaluierung von Lehrkonzepten: "Eine Analyse des Lehrplans zeigt, dass nur ca 15% der Inhalte im Informatikunterricht tatsächlich Informatik ist; im Vergleich dazu ist fast die Hälfte Medienbildung." Aber was bedeutet das eigentlich, wenn wir über digitale Kompetenz sprechen? "Es geht um einen sicheren, kritischen und verantwortungsvollen Umgang mit digitalen Technologien. Digitale Kompetenz wird als Kombination aus Wissen, Fähigkeiten und Einstellungen definiert," erklärt Martin Kandlhofer. "Und diese Kompetenzen brauchen alle Bürger:innen, es ist sinnvoll, hier berufliche und private Weiterbildungen anzubieten."

Fehlende digitale Kompetenz bedeutet fehlende digitale Souveränität

"Die größten Firmen weltweit sind in der Informatik. Es ist wichtig, dass wir die Software, die wir täglich benutzen, auch selbst mitschreiben. Wir importieren sonst Werte, die nicht unsere sind. Digitale Souveränität bedeutet, dass wir selbst entwickeln und nicht nur nutzen und beobachten", sagt Univ.-Professorin Gerti Kappel.

Moderation: Elisabeth Scharang

Zu Gast:
Gerti Kappel, Univ.-Professorin und Dekanin der Fakultät für Informatik an der TU Wien
Martin Kandlhofer arbeitet im Bereich Forschung, Innovation und internationale Projekte an der Österreichischen Computer Gesellschaft (OCG).

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