Daniela Strigl

APA/HERBERT NEUBAUER

Punkt eins

Jetzt erst recht!

Trotz ist auch eine Haltung. Gast: Daniela Strigl, Autorin, Literaturwissenschafterin, Literaturkritikerin. Moderation: Xaver Forthuber. Anrufe 0800 22 69 79 | punkteins(at)orf.at

Wer trotzt, steht wie ein Fels in der Brandung oder begibt sich stur in Fundamentalopposition? Wehrhaft oder schmollend - Etymologie und Wortgebrauch von "Trotz" geben beides her, schreibt die Literaturkritikerin Daniela Strigl in ihrem aktuellen Essay "zum Trotz". Und analysiert den Begriff somit als "zwiespältige Eigenschaft".

Wird nicht von "normalen" Erwachsenen erwartet, dass sie das "Trotzalter" überwunden haben? "Trotz ist eine Haltung des individuellen Aufbegehrens, kann aber auch Gruppen und ganze Völker motivieren", schreibt Daniela Strigl am Beginn ihrer Analyse, die von der Entwicklungspsychologie über Philosophie und natürlich Literatur bis zu Politik und Kunst reicht.

Aufbegehren mag als Reaktion auf Frustration in uns verankert sein, es zeigt sich auch als notwendiges Hinterfragen und (vielleicht letzte) Alternative zum Gehorsam. Wobei das "Jetzt erst recht!" auch als politischer Slogan und Wahlmotiv wohl etabliert ist - nicht nur in Österreich. So kann sich sogar der mächtigste Mensch der Welt, im Goldkäfig schmollend und um sich schlagend, als trotzig inszenieren - und instrumentalisiert dabei gekonnt den Trotz der Frustrierten am anderen Ende der sozialen Leiter nicht gegen, sondern für die Herrschaftsverhältnisse.

Von der Figur des Wilderers im 19. bis zum Dissidenten im 20. Jahrhundert wird die Trotzhaltung auch romantisiert. (Das geht besonders gut, wenn es sich um Männer handelt - für den weiblichen "Trotzkopf" gelten da etwas andere Regeln.) Heute mag sich auch der zeitgenössische "Querdenker" mit absolutem, wenn auch alternativem Wahrheitsanspruch als Underdog fühlen und auf der richtigen Seite der Geschichte wähnen. Ist das Querulant:innentum nun endgültig in Verruf geraten? Oder erlebt es - gerade jetzt, zu Fleiß! - eine Renaissance angesichts der vielfältigen um sich greifenden Ohnmachtsgefühle?

Daniela Strigl spricht mit Xaver Forthuber über Nutzen und Schaden des Dagegenseins, über die "Typologie der Trotzigen", darüber, was unseren Trotz erweckt und über die Auseinandersetzung mit Literatur als Futter für einen gesunden Widerspruchsgeist. Sind Sie dagegen? Reden Sie trotzdem mit: Rufen Sie in der Sendung an unter 0800 22 69 79 oder
schreiben Sie ein E-Mail an punkteins(at)orf.at

Service

Daniela Strigl: Zum Trotz. Erkundung einer zwiespältigen Eigenschaft. Salzburg: Residenz Verlag, 2025.

Sendereihe

Gestaltung

  • Xaver Forthuber

Playlist

Untertitel: Pauline Viardot
Titel: Aimez-moi aus Six Chansons du XVIe Siècle
Ausführende: > Yo-Yo Ma & Kathryn Stott
Label: Sony Classical

Untertitel: Lili Boulanger
Titel: Cortege
Ausführende: Solveig Funseth
Label: Nosag Records

Untertitel: Clara Schumann
Titel: 3 Romances, Op. 11: I. Andante
Ausführende: Solveig Funseth
Label: Nosag Records

Untertitel: Clara Schumann
Titel: 3 Romances, Op. 21: I. Andante
Ausführende: Solveig Funseth
Label: Nosag Records

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