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Betrifft: Geschichte
Zwischen Recht, Realität und Reformbedarf
50 Jahre Fristenlösung in Österreich
mit: Maria Mesner, Historikerin und Universitätsdozentin am Institut für Zeitgeschichte sowie wissenschaftliche Leiterin des Bruno Kreisky-Archivs in Wien
25. Juni 2025, 15:55
Bis zu fünf Jahre Kerker - dieses gesetzlich festgehaltene Strafmaß droht im 19. Jahrhundert all jenen Frauen, die sich zur Abtreibung entschlossen. Haftstrafen drohten auch jenen Personen, die Beihilfe leisteten. Daran ändert sich bis ins 20. Jahrhundert nur wenig. Auch nicht an der gesellschaftlichen Ausgrenzung von alleinstehenden, schwangeren Frauen. Die Abtreibung war ein Akt der Illegalität und für die Betroffenen mit erheblichen Gesundheitsrisiken verbunden. Anfang der 1970er-Jahre setzt langsam der Wandel ein. Forderungen nach der Legalisierung der Abtreibung und einer Entstigmatisierung der Betroffenen werden laut. Die Abtreibungsgegner kontern, es solle "kein Geschäft mit dem Tod" gemacht werden. Am Ende wird eine hart umkämpfte Kompromisslösung im Parlament beschlossen: Die "Fristenlösung" tritt am 1.1.1975 in Kraft und erlaubt die ärztlich durchgeführte Abtreibung innerhalb der ersten drei Monate nach der Empfängnis - ohne Begründung. Trotzdem bleibt diese Entscheidung viel zu oft ein gesellschaftlich geächteter Drahtseilakt, gezeichnet von Schweigen und Scham. Auch 50 Jahre später ist der Ruf nach einer Änderung nicht verstummt: Straffreiheit wird ebenso eingefordert wie die erleichterte Zugänglichkeit, eine faire Kostenregelung und Respekt für diese selbstbestimmte Entscheidung über den eigenen Körper.
Maria Mesner widmet sich dieser historischen Debatte um den Schwangerschaftsabbruch und der Entstehung der Fristenlösung. Die Historikerin geht auch den Fragen nach, welche Auswirkungen die Regelung bis in die Gegenwart hat und warum es nach wie vor ein Abtreibungsverbot abseits der Fristenlösung gibt.
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- Barbara Volfing