
ORF/META FILM
Gedanken für den Tag
Mein Rom
von Gudrun Sailer, Journalistin bei Radio Vatikan in Rom
30. Juni 2025, 06:57
In Paolo Sorrentinos La grande bellezza, dem Oscar-gekrönten Rom-Film von 2013, schlendert die Hauptfigur Jep Gambardella nach rauschenden Festen mit Vorliebe frühmorgens durch Rom, hügelauf, hügelab, gelassen vorbei an Palästen, Brunnen und majestätischen Gärten. Man versteht, warum er das tut: Früh in der Früh ist Rom am besten.
Ich darf in dieser himmelschreiend schönen und zugleich oft schwer erträglichen Stadt seit über 20 Jahren leben, richtig mittendrin, da, wo man tagsüber manchmal Mühe hat, vor lauter Leuten überhaupt noch Rom zu sehen. Aber früh in der Früh, da kann man hier sogar den Trevibrunnen ansteuern und staunen über die frische Leichtigkeit, die das so heiter inszenierte Ineinander von Stein und Wasser verströmt. Kein Wunder, dass alle ihn sehen wollen, diesen Brunnen, Inbegriff der italianità.
Ich bin Österreicherin in einer Wahlheimat Rom, und nach all diesen Jahren betrachte ich es als Geschenk, ab und zu immer noch die begeisterungsfähige Touristin spielen zu können. Es kommt vor, dass ich das Kolosseum ansteuere oder die Via Appia, und einmal im Jahr steige ich auf die Kuppel des Petersdoms. Dinge, die kaum ein Mensch tut, der schon immer hier wohnt. Ich nenne es das Privileg des Fremdseins.
Mein Mann mag mich belächeln, und ich lächle zurück, aber für mich ist genau dieser Schwebezustand von Mittendrin- und Zugereist-Sein die Perspektive, die mich hier hält. Sie hilft mir, Rom in seiner Dichte besser zu verstehen und leichter zu ertragen. Sogar, wenn ich dafür gelegentlich früh in der Früh aus den Federn muss.
Service
Sendereihe
Gestaltung
Übersicht
Playlist
Komponist/Komponistin: Nino Rota
Album: THE FELLINI ALBUM - THE FILM MUSIC OF NINO ROTA
* III. Lo struscio (00:05:48)
Titel: Amarcord / Suite aus dem gleichnamigen Film in der originalen Orchestrierung
Leitung: Riccardo Chailly
Orchester: Filarmonica della Scala
Länge: 05:48 min
Label: Decca 4832869