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Gedanken für den Tag
Frantz Fanon über die Gewalt
Brigitte Schwens-Harrant, Literaturwissenschaftlerin, Buchautorin und Feuilletonchefin der Wochenzeitung "Die Furche", zum 100. Geburtstag von Frantz Fanon
26. Juli 2025, 06:57
Ende Dezember 1960 erfährt der 35-jährige Psychiater Frantz Fanon - damals als reisender Botschafter Algeriens in Afrika unterwegs - eine schreckliche Diagnose: Er hat Leukämie. Er wird noch ein Jahr Leben haben. Unter Zeitdruck diktiert er sein letztes Buch, in dem er sich an jene wendet, die um ihre Unabhängigkeit kämpfen, während die Kolonialherren mit aller Gewalt versuchen, das zu verhindern.
Im Mai 1961 schreibt Fanon in einem Brief, er hätte gerne mehr Zeit gehabt, seine Beschreibungen seien sehr vehement: "Es schien mir nur furchtbar viel auf dem Spiel zu stehen." Das Buch mit dem Titel "Die Verdammten dieser Erde" wird kurz vor Fanons Tod am 6. Dezember 1961 gedruckt. Seither dient das Buch vielen für vieles: die Verwendung reicht von der Rechtfertigung von Gewalt für Gruppen und Motive aller Art bis hin zur Suche nach einem neuen Menschen, der nicht mehr nach Hautfarbe, Ethnie oder Religion bewertet wird.
Fanon sei "kein Apologet, sondern ein Denker der Gewalt" gewesen, schreibt Alice Cherki, die ihn persönlich kannte. Fanon hatte die gesellschaftliche Gewalt im Blick und die Frage, wie diese beendet werden könnte. Er beschreibt auch die verheerenden Auswirkungen von Gewalt auf die Opfer, aber auch auf jene, die sie ausüben. Fanon erlebt weder die Unabhängigkeit Algeriens 1962 noch das, vor dem er warnt - aber was in vielen ehemaligen Kolonien geschehen wird: Das Kolonialsystem wird durch ein anderes unterdrückendes System ersetzt.
Und heute? In einer polarisierenden und hasserfüllten Zeit lohnt der Blick in Fanons Buch "Schwarze Haut, weiße Masken", in dem die Poesie auffällt und die vielen Fragen. "Überlegenheit? Unterlegenheit?" fragt Fanon darin. "Warum nicht einfach versuchen, den anderen zu berühren, den anderen zu spüren, mir den anderen zu offenbaren. Ist mir meine Freiheit denn nicht gegeben, um eine Welt des Du zu errichten?"
Service
Alice Cherki, Frantz Fanon. Ein Porträt, Edition Nautilus
Frantz Fanon, Schwarze Haut, weiße Masken, Turia + Kant
Frantz Fanon, "Aspekte der Algerischen Revolution. Die Verdammten dieser Erde", Verlag Suhrkamp
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Sendereihe
Gestaltung
Playlist
Komponist/Komponistin: John Green 1908 - 1989
Textdichter/Textdichterin, Textquelle: Robert Sour
Textdichter/Textdichterin, Textquelle: Edward Heyman
Textdichter/Textdichterin, Textquelle: Frank Eyton
Album: THE SILVER COLLECTION / BILLIE HOLIDAY
Titel: Body and soul / Thema a.d.gln.Film / "Jagd nach Millionen"
Solist/Solistin: Billie Holiday
Ausführender/Ausführende: Harry "Sweets" Edison
Ausführender/Ausführende: Ben Webster
Ausführender/Ausführende: Alvin Stoller
Ausführender/Ausführende: Jimmy Rowles
Ausführender/Ausführende: Barney Kessel
Ausführender/Ausführende: Red Mitchell
Länge: 01:00 min
Label: Polygram 8234492