Spielräume

Nachruf auf eine Unbeugsame: Sheila Jordan

Musik aus allen Richtungen mit Andreas Felber. Sängerin Heidi Krenn im Gespräch über ihre Mentorin und Lehrerin Sheila Jordan (1928-2025)

Ihre Auftritte waren bis zuletzt ein Erlebnis: Auch noch als 90-Jährige versprühte Sheila Jordan Energie und Humor, und ließ es sich nicht nehmen, mit den zumeist wesentlich jüngeren Kollegen auf der Bühne zu schäkern. Ihre brüchig gewordene Stimme verlieh den von ihr interpretierten Standards, aber auch Pop-Songs wie Paul McCartneys "Blackbird", mitunter besondere Tiefe, wobei Jordan ihre Scat-Improvisationen gerne um die kehligen Vokalisen indigener nordamerikanischer Gesänge bereicherte - eine Hommage an ihren Cherokee-Großvater.

Dabei war Sheila Jordans Weg kein einfacher: Geboren 1928 in Detroit, wuchs sie in Armut und desolaten familiären Verhältnissen auf. Als Teenager war sie Mitglied des Vokaltrios Skeeter, Mitch, and Jean, das Texte zu Kompositionen des Altsaxofonisten und Bebop-Pioniers Charlie Parkers schrieb und diese sang. Später, nachdem Jordan 1951 nach New York City übersiedelt war, wurde der Kontakt zum 1955 im Alter von 34 Jahren verstorbenen Parker ein freundschaftlicher: Jordan, die auch mit Charles Mingus und Lennie Tristano studierte, bezeichnete ihn als einen ihrer Lehrer. Und sie heiratete Duke Jordan, Parkers ehemaligen Pianisten. Die - schwierige - Ehe hielt bis 1962.

Ein Jahr später veröffentlichte die Sängerin ihr vielbeachtetes Debüt "Portrait of Sheila", arbeitete außerdem mit den Pianisten George Russell und Steve Kuhn. Als allein erziehende Mutter einer Tochter musste sie allerdings immer wieder Auszeiten von der Bühne nehmen und sich als Schreibkraft und Sekretärin verdingen, um über die Runden zu kommen. Aus den wenigen Aufnahmen, die sie in diesen Jahren machen konnte, ragen die Duo-Einspielungen mit Kontrabassisten heraus, etwa mit dem Norweger Arild Andersen ("Sheila", 1977) oder mit Harvie Swartz in den 1980ern. In die 1970er Jahre fällt auch der Beginn von Sheila Jordans von Engagement und Leidenschaft geprägter Unterrichtstätigkeit, anfangs am City College of New York, später auch in Europa und dabei immer wieder am Jazzinstitut der Kunstuniversität Graz, zu deren Ehrenmitglied sie 2016 ernannt wurde.

Am 11. August ist Sheila Jordan nun 96-jährig in New York City verstorben. Andreas Felber resümiert im Gespräch mit Sängerin Heidi Krenn, die bei ihrer Mentorin Sheila Jordan in Graz studierte, Leben und Schaffen dieser unbeugsamen Frau.

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