
ANNA ZEHETGRUBER
Gedanken
Rudi Berger, Jazz-Geiger
Hauptwohnsitz: Ausland. Teil 7 Brasilien. "Zeit ist Zärtlichkeit" -- die musikalische Lebensreise des Jazzmusikers Rudi Berger zwischen Wien, New York und Belo Horizonte
17. August 2025, 09:05
"Das Wichtigste ist, dass man seine Authentizität, seine Wurzeln nicht verliert", sagt Rudi Berger, Jahrgang 1954. Schon von klein auf ist er fasziniert von Musik und im Besonderen von der Violine. Im Alter von vier Jahren offenbarte sich sein musikalisches Talent und seine Mutter meldete ihn am Konservatorium an: "Wir sind zum Direktor gegangen und der hat mich gefragt, was ich spielen will. Trompete? Nein! Gitarre? Nein! Cello? Nein! Harfe? Nein! Klavier? Nein! Violine? Ja! Warum ich so reagiert habe, das kann ich nicht sagen." Mit dieser Entscheidung aber war Rudi Bergers Lebensweg vorgezeichnet. Zunächst musizierte mit seinem Großvater, der ihm Lieder vorsang, die er dem Gehör nach auf der Geige nachspielte, erhielt aber auch er eine klassische Musikausbildung. Schon als Vierzehnjähriger komponierte er und beschäftigte sich mit Bach und Mozart. Schließlich kam er in Kontakt mit Jazzmusikern und mit dem Vienna Art Orchester, dessen Mitglied er wurde. 1985 und 1986 wählte ihn das Jazz-Magazin "Jazz Live" zum "Geiger des Jahres". 1986 erschien sein Debütalbum "First Step" mit seiner Jazzformation Good News.
Schon früh war Rudi Berger klar, dass er, der angehende Jazz-Geiger "made in Austria" in die USA, nach New York gehen musste, zur Quelle des Jazz. 1986 war es dann so weit, und er war in New York mehrere Monate als Straßenmusiker in Streetbands und solo unterwegs, trat in unterschiedlichen Jazz-Clubs auf und spielte zunehmend mit Musikern, die seine Vorbilder waren. "New York war für mich so eine Sensation des Neuen und ein Riesen-Kulturschock, aber ein äußerst positiver."
Rudi Berger spielte in dieser Zeit u.a. mit Astor Piazolla und auch mit dem brasilianischen Gitarristen Toninho Horta, der Berger schließlich davon überzeugte seine Zelte in New York abzubrechen und weiter in den Südosten Brasiliens, nach Belo Horizonte zu ziehen. "Wir haben dort gleich zwölf Konzerte gespielt und ich war von einem Tag auf den anderen ein bekannter Musiker, ein sehr bekannter Musiker mit wahnsinnig viel Publikum."
Ergebnis dieser Zeit in Brasilien ist u.a. das "Postcard from Brazil". Rudi Berger war einige Zeit Gastprofessor in Belo Horizonte, versteht sich aber als Komponist und Geigenvirtuose stets auch als ein Reisender zwischen den Kulturen. Dies spürt man auch in seinem Spiel und in seinen Kompositionen. Er hat einen eigenen Berger-Stil entwickelt, der seine Lebensstationen Wien, New York und Brasilien widerspiegelt. Als Bandleader und Gastsolist konzertiert er in Europa, Japan, Südamerika, in den USA und immer wieder auch in Wien, wohin er immer noch gerne zurückkommt.