
ORF/JOSEPH SCHIMMER
Gedanken für den Tag
Fritz Wotruba und die Antike
Martina Pippal, Kunsthistorikerin und Künstlerin, zum Todestag von Fritz Wotruba und Le Corbusier
28. August 2025, 06:57
Wer an die Skulpturen von Fritz Wotruba, des bekanntesten österreichischen Bildhauers des 20. Jahrhunderts, denkt, hat Stelen aus Stein oder Bronze vor seinem geistigen Auge: Stehende oder Schreitende, in denen die "Kouroi" nachhallen; junge Männer, wie sie in der archaischen Phase der griechischen Kunst als Statuen verewigt worden waren.
Wotrubas "Hockender" im Belvedere von 1951 mag uns an die "Hockerstatue des Nimlot" im Kunsthistorischen Museum erinnern: eine ägyptische Figur aus dem 10. oder 9. Jahrhundert vor unserer Zeitrechnung. Wenn sich Wotrubas Kuben-Konglomerate in die Breite entwickeln, meinen sie Frauen: Liegende. Ruhende. Einige stützen sich auf einen Arm - wie die so genannten "Odalisken": weißhäutige Sklavinnen in türkischen Harems, wie sie die europäischen Orient-Maler im 19. Jahrhundert imaginiert haben.
Wotrubas Motive waren traditionell; vielfach - und hier war und blieb er ein Kind seiner Zeit - an Werken des Altertums orientiert. Auch für Le Corbusier war die Antike die Richtschnur schlechthin; für den Architekten aber hinsichtlich Ordnung und Proportion. Wotruba entnahm der Antike indes den Inhalt und widersprach ihm mit seinem eigenen Stil. Durch den Abstraktionsprozess, die Zerlegung der menschlichen Figur, ob männlich oder weiblich, in Blöcke, durch einen überdimensionierten Arm der Liegenden, forderte Wotruba als Künstler, als Individuum, Raum!
Dieser Stil war für Wotruba ab den späten 1940er Jahren das Mittel, um sich von jenem Kunstideal abzusetzen, das im Dritten Reich hochgehalten worden war: von einem ins klassizistisch-idealische und heroisch-monumentalistische geblähten Naturalismus. Wotruba distanzierte sich ab den späten 1940er Jahren mittels seines persönlichen Kubismus aber zugleich von seinem eigenen Stil der jungen Jahre, in denen er - als Schüler des österreichischen Bildhauers Anton Hanak - auch selbst naturalistisch gearbeitet hatte. Sich selbst neu zu erfinden ist die größte Leistung.
Service
Sendereihe
Gestaltung
Playlist
Komponist/Komponistin: Cole Porter 1891 - 1964
Album: Rhythmische Sieben / Aufnahmen aus den Jahren 1951 - 1953
Titel: Begin the Beguine
Ausführende: Rhythmische Sieben
Länge: 01:00 min
Label: CD KOPIE unbekannt MONO